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Mansfeld-Südharz Mansfeld-Südharz: Eine Entdeckung im Leinetal

Von UWE KÄSTNER 29.07.2011, 17:11

GROSSLEINUNGEN/MZ. - Die wichtigsten Quellen für jeden Menschen mit heimatgeschichtlichem Interesse sind die schriftlichen Hinterlassenschaften unserer Vorfahren. Bei den mündlichen Überlieferungen ist es in der Regel so, dass die Enkel den Großeltern nur bedingt oder gar nicht zuhören, eigene Erfahrungen liegen vor.

Bei dem großen Umfang der vorhandenen Archivalien und den vielen Veröffentlichungen zur Heimatgeschichte sollte man annehmen, dass alle Vorgänge, vor allem zur Industriegeschichte unserer nahen Heimat, bekannt und dokumentiert sind. Dass dem nicht so ist, beweist eine kürzlich gemachte Entdeckung im Leinetal. Nachdem zuerst einige unnatürliche Geländeformen im Umfeld der Ankenbergsmühle - gelegen zwischen Großleinungen und Drebsdorf - die Aufmerksamkeit erregten, stellte sich nach genauerem Hinsehen der gesamte Bereich westlich der damaligen Mühlengebäudes als planierte und mit Erde bedeckte Schlackenhalde heraus.

Dass es sich um eine ehemalige Kupferschmelzhütte handelte, stand außer Zweifel. Da der Besitzer des Grundstücks, H.-J. Götze, die weiteren Nachforschungen aktiv unterstützte, kam es zu erstaunlichen Ergebnissen. Bei einem Nebengebäude, das in der Vergangenheit als Stall und Scheune diente, befinden sich drei aus sehr gut behauenem Sandstein gefertigte Entlastungsbögen mit einer Spannweite von 3,5 Meter. Da das Innere des Gebäudes ebenso wie der Außenbereich 2,5 Meter hoch mit Schlacke aufgefüllt ist, haben wir hier, zumindest im unteren Bereich des Mauerwerks, die ehemalige Schmelzhütte vor uns. Abbildungen aus dem 11. Buch von Agricola vermitteln uns ein ungefähres Bild von Schmelzhütten aus dem 16. Jahrhundert, so dass man durchaus eine Vorstellung von dem Gebäude mit den damals offenen Bögen bekommt.

Der Hüttentechnologe und Experte für die historische Verhüttung des Kupferschiefers, Dr. Wolfgang Eisenächer, nimmt, dem Umfang der vorhandenen Hüttenschlacke entsprechend, eine Betriebsdauer von ungefähr 50 Jahren an, nach der Beschaffenheit der Schlacke im Zeitraum von etwa 1470 bis 1520. Reste der ehemaligen wasserwirtschaftlichen Anlagen sind in unmittelbarer Nähe des Gebäudes vorhanden. Das Vorhandensein der wasserabhängigen Antriebstechnik war bei allen ehemaligen Hütten nachzuweisen.

Die Hütte lag auf Stolberger Territorium, ebenso wie das Bergbaurevier bei Hainrode, also nicht im Zuständigkeitsbereich des Mansfelder Bergamtes. Der direkte Weg von den Schächten bei Hainrode lässt sich in Teilbereichen noch gut als Hohlweg am Ankenberg verfolgen. Die Existenz der Schmelzhütte erklärt auch den bis 1550 betriebenen Kupferhammer bei Bennungen, am Standort der späteren Eisenhüttenmühle. Christoph Graf zu Mansfeld schickt 1550 seinen Bergvogt Wolf Bucher nach Bennungen. Er soll dort den vom Stolberger Grafen zum Kauf angebotenen Kupferhammer auf seine Verwendung als Schmelzhütte überprüfen. Bucher hält das Objekt aus verschiedenen Gründen für ungeeignet und schlägt stattdessen einen Standort bei Wimmelburg vor. Damit endet die Stolberger Kupfergewinnung und Verarbeitung im Leinetal.