Hausärzte in Sangerhausen Hausärzte in Sangerhausen: Patienten gehen auf die Barrikaden

SANGERHAUSEN - Patienten aus Sangerhausen und umliegenden Orten haben gestern eine Unterschriftensammlung gestartet. Ziel der Aktion ist es, auf den akuten Mangel an Hausärzten in der Kreisstadt hinzuweisen. „Wir fühlen uns alleingelassen“, sagt Sabine Bradler, die die Unterschriftensammlung organisiert hat.
Kein Nachfolger gefunden
Wie viele hundert andere Patienten wird die 50-Jährige voraussichtlich Ende März dieses Jahres ohne hausärztliche Betreuung dastehen, weil ihre langjährige Hausärztin Karin Sladeck aus Oberröblingen in den vorgezogenen Ruhestand geht. Die Ärztin hat nach der Wende erst in der Poliklinik in Sangerhausen Südwest gearbeitet und dann 25 Jahre lang in Oberröblingen praktiziert. Ihre dortige Praxis hätte sie gern an einen anderen Arzt übergeben. „Der Bedarf und eine wirtschaftliche Grundlage sind mit 1 300 bis 1 400 behandelten Patienten pro Quartal auch gegeben“, sagt Sladeck. Doch es sei kein Nachfolger zu finden gewesen. Die Ärztin betont weiter, dass sie die Kassenärztliche Vereinigung (KV) frühzeitig von ihrem geplanten Ruhestand informiert habe. Aber auch die KV, die die ambulante Versorgung der Bevölkerung sicherstellen soll, habe seit über einem Jahr keinen neuen Arzt für die Praxis in Oberröblingen finden können.
Mit einem Stipendium, einer individuellen Betreuung sowie besonderen Vergünstigungen für Abiturienten und angehende Mediziner wollte vor acht Jahren der Wirtschaftsrat des Kreises Mansfeld-Südharz dem Mangel an Haus- und Fachärzten in der Region entgegenwirken.
Jungen Leuten sollte neben der Vergabe des Stipendiums in Höhe von 800 Euro monatlich Büchergeld gezahlt werden. Auch Patenschaften mit Haus- und Klinikärzten waren geplant. Die Idee wurde aber nie verwirklicht. (mz)
Patiernten hängen in der Luft
Patienten haben sich deshalb bemüht, bei anderen Hausärzten in Sangerhausen unterzukommen. „Die sind aber so überlastet, dass sie keine Patienten mehr aufnehmen“, sagt Bradler. „Wir hängen völlig in der Luft. Wer schreibt uns künftig Rezepte oder Überweisungen aus? Was ist mit Krankschreibungen?“ sagt die 50-Jährige. Betroffen ist auch ihr Kollege Michael Feuchte mit seiner vierköpfigen Familie. „Wir waren alle bisher bei Frau Sladeck in Behandlung.“ Es müsse dringend eine Lösung gefunden werden, fordert er.
Die Unterschriftenlisten liegen in den nächsten 14 Tagen im „Home Market“, dem früheren Teppichfreund-Markt im Helmepark, sowie in weiteren Sangerhäuser Geschäften aus. Sie sollen dann an die Kassenärztliche Vereinigung Sachsen-Anhalt sowie Kopien an Sangerhausens Oberbürgermeister Ralf Poschmann (CDU) und Landrätin Angelika Klein (Linke) übergeben werden. Die KV hatte vor wenigen Tagen der MZ mitgeteilt, dass sie weiter mit Hochdruck an einer Lösung des Problems arbeite. „Dazu werden Gespräche mit möglichen Interessenten an hausärztlicher Tätigkeit in Sangerhausen geführt. Wenn wir einen Lösungsansatz haben, melden wir uns“, so KV-Sprecher Bernd Franke.
Auf die bundesweite Bereitschaftsdienstnummer 116?117 als Hausarztersatz zurückzugreifen, wie es Patienten ins Spiel brachten, sei dagegen keine Lösung. Der Bereitschaftsdienst sollte der Versorgung von dringenden Fällen vorbehalten bleiben, betont der KV-Sprecher. Außerdem könne im Bereitschaftsdienst keine hausärztliche Versorgung geleistet werden, wie sie in den Praxen erfolge. (mz)