Fotografie mit Elfen-Ohren Fotografie mit Elfen-Ohren: Cosplay-Welt hat Fans in Sangerhausen und Umgebung

Sangerhausen - Ein großes, knallrotes R prangt vorn auf den schwarzen Pullis. Dazu schwarze Ballonmützen und lange, graue Strickstulpen an den Beinen. Eingefleischte Pokémon-Kenner wissen sofort: Isabelle und Sarah sind am Samstagabend als die Rocket-Rüpel von „Team Rocket“ unterwegs, Mitglieder einer Verbrecherorganisation, die im Pokémon-Universum versuchen, die Weltherrschaft an sich zu reißen.
Mehr durch Zufall haben die beiden Studentinnen aus Sangerhausen und Niederröblingen davon erfahren, dass es ein Cosplay-Event in ihrer Heimat geben soll. „Und ganz ehrlich: Ich habe fest damit gerechnet, dass wir heute hier die einzigen sein würden“, sagt Sarah Eilert und lacht.
Kunterbunte Cosplay-Welt: „Wir lassen eigentlich keine Convention aus“
Denn Cosplay - das Hineinschlüpfen in eine Rolle aus einem Film, Manga oder Videospiel - scheint ihr doch eher ein Thema für die Großstadt zu sein. An der Schule galt man damit jedenfalls als Außenseiter, erinnert sie sich.
Doch am Samstag verwandelt sich der Club Happy Go im Handumdrehen in eine kunterbunte Cosplay-Welt. Diana Erbe aus Berlin, die sich an diesem Tag als schwarz-gelbes Pokémon Nach-tara ausstaffiert hat, wurde von den Veranstaltern vom Kreisjugendring für einen Näh-Workshop engagiert. Zwischen Bergen von Filzstoffen erklärt sie den Teilnehmern nun, wie man sich sein Lieblings-Pokémon selbst herstellen kann.
Nebenan im Rosarium ist unterdessen ein ganzer Schwung von Cosplayern in exotischen Kostümen unterwegs und versucht, sich vor dem Fotoapparat gut in Szene zu setzen. Lea Wolff leitet den Foto-Workshop und erklärt, wie man bei schwierigen Lichtverhältnissen mit einem Faltreflektor die Helligkeit steuern kann.
Wolff, die im zivilen Leben Forstwirtschaft studiert, beschäftigt sich schon seit einigen Jahren mit Cosplay. Mit ihrer Freundin Saku Konrad tüftelt sie an Kostümen. „Wir lassen eigentlich keine Convention aus“, erzählen die beiden, die aus Molmerswende kommen. Auf der Leipziger Buchmesse sind sie jedes Jahr im Kostüm dabei. Die Rollen wechseln ständig, je nachdem, worauf sie gerade Lust haben.
Offene Atmosphäre beim Treffen der Cosplay-Fans in Sangerhausen
Die Cosplay-Welt ist durchaus nicht nur von japanischen Figuren bevölkert. Auch Helden aus anderen Filmen und Serien werden gern kopiert. „CSI Miami zum Beispiel - auf fast jeder Convention läuft auch ’ne Abby rum“, erzählt Konrad. Sie selbst ist für das Treffen in Sangerhausen in die Rolle von Ezreal geschlüpft, dem verwegenen Forscher mit der weißblonden Strubbelfrisur aus dem Computerspiel „League of Legends“. Die Fransen-Jacke hat sie selbst genäht, die Rüstungs-Manschetten an den Handgelenken sind aus Thermoplast, Moosgummi und Klettband.
„Beim Cosplay geht es einfach darum, Spaß zu haben“, sagt Lea Wolff, die in Sangerhausen ihre neuen Elfen-Ohren ausprobiert. Bei den Treffen sei man gleich auf einer Wellenlänge. Die Leute erkennen die Charaktere, sprechen sich darauf an, bewundern gegenseitig die oft selbst hergestellten Kostüme.
Diese offene, familiäre Atmosphäre gefällt auch den Rocket-Rüpeln Sarah und Isabelle. „Erst sind wir nur in Zivil zu den Conventions gefahren und haben uns die Kostüme der anderen angeschaut“, erzählt Isabelle. Team Rocket war dann der erste Schritt zu Verkleidung. Zuletzt haben sie sich sogar schon an was Extremeres mit Perücken getraut: Jeanne und ihr Widersacher Sindbad aus „Jeanne - die Kamikazediebin“. (mz)
