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Familienschicksal Familienschicksal: Tanne ziert das Grab des kleinen Lulu

Von Frieder Fahnert 23.12.2003, 16:48

Polleben/MZ. - Am 20. Dezember wäre Lulu, wie ihn alle liebevoll nannten, vier Jahre alt geworden. Zum Geburtstag standen sie am Grab von Lulu auf dem Friedhof in Polleben. Dort stellten sie einen kleinen Weihnachtsbaum auf. Lucien hatte sich so gefreut auf seinen vierten Geburtstag und den Weihnachtsmann, sagt seine Mutter. Die Festtage und den Jahreswechsel verbringt die Familie mit den drei Kindern bei Freunden an der französischen Atlantikküste. Auch, um ein wenig Ruhe zu finden. Und Kraft zu tanken, fürs neue Jahr.

In Gedanken werden sie alle bei Lulu sein und dem Ort, an dem das Unfassbare geschah. Die eigentliche Obermühle wollen sie nicht nochmal aufbauen, das angrenzende Wohnhaus wird jedoch wieder hergerichtet. Denn bleiben will die Familie auf alle Fälle auf dem Stückchen Erde in Polleben.

Rechtzeitig vor dem Wintereinbruch ist das Dach auf dem Wohnhaus fertig geworden. "Das war wichtig, damit Kälte und Feuchtigkeit nicht noch mehr Schaden an dem Haus anrichten", sagt Benquey. Nach einer Pause über die Feiertage wird es im Januar mit den Arbeiten weitergehen.

Innen müssen dann die Stellen entfernt werden, die durch Ruß beschädigt sind. Auch neue Schornsteine sollen gemauert werden. Die Familie hofft, dass im Herbst kommenden Jahres das Haus bezugsfertig ist. Die Versicherung hat übrigens unbürokratisch gezahlt. Um das Gebäude nach Denkmalschutz-Richtlinien zu rekonstruieren, sei aber einiges an Geld mehr notwendig. Derzeit wohnen beide in einer Zwei-Raum-Wohnung in Eisleben. Im Keller dieses Hauses hat sich Frau von Oettingen, die freiberufliche als Modedesignerin arbeitet, eine kleine Werkstatt eingerichtet. Im Januar will die 41-Jährigen loslegen mit ihren künstlerischen Arbeiten, damit sie im Mai, wenn die ersten Kunstmärkte veranstaltet werden, dort ihre Produkte anbieten kann. Ihr Mann könnte zwar per Computer seinen Beruf als selbstständiger Buchhalter weiterführen. "Ich fühle mich aber nach dem Schicksalsschlag dazu noch nicht in der Lage", bekennt der 44-Jährige.

Beide nutzen die Zeit und beschäftigen sich intensiv mit der Geschichte der Obermühle und der Region um Polleben. In der Heimatstube des Ortes und im Museum für Vorgeschichte in Halle sind sie dabei fündig geworden. Dabei haben sie herausgefunden, dass die Mühle um vieles älter ist als bisher angenommen. "Wahrscheinlich stammt sie bereits aus dem 11. Jahrhundert", so von Oettingen.

Auch einer alten Sage, nachdem auf der Mühle ein Fluch liegen soll, wollen sie nachgehen. Viele Besitzer in den vergangen Jahrhunderten sollen dort nicht glücklich geworden sein. Vor allem Hochwasser habe die Mühle regelmäßig beschädigt. Bei ihnen war es freilich ein Feuer, das sie heimsuchte.