Erbsbär sein ist ein Knochenjob Erbsbär sein ist ein Knochenjob: Mirko Oppermann schlüft seit 13 Jahren in das Kostüm

Oberröblingen - Er ist der Star, keine Frage. Aber: Er hat es auch am schwersten. Ein Guckloch, vielleicht 15 mal zehn Zentimeter groß und eingerahmt von Stroh - so wird Mirko Oppermann für die kommenden Stunden die Welt sehen. Am frühen Samstagmorgen ist er aufgestanden und zum Feuerwehrgerätehaus gekommen. Zu fünft haben sie ihn in dicke Wülste aus Erbsenstroh eingewickelt und das Ganze mit Bindfäden verschnürt. Jetzt, um 9 Uhr, steht Oppermann vor dem Gerätehaus und ist bereit für den Erbsbärumzug.
Wie schwer sein Kostüm ist? „Keine Ahnung. Zwanzig Kilo vielleicht“, schätzt er. Eine Last, die er bis zum Abend schleppen wird bei seinen tapsenden Schritten durch den ganzen Ort. Erbsbär sein, das ist ein Kraftakt. Und es bringt noch weitere Entbehrungen mit sich.
Mirko Oppermann schlüpft seit 13 Jahren in die Rolle als Erbsbär
Bei der Mittagspause an der Feuerwehr nehmen ihm die anderen die separate Strohhaube ab und reichen ihm die Bissen zum Mund. Denn einen Erbsbärarm kann man kaum beugen. Hinsetzen ist ebenfalls schwierig, es ist eher ein schräges Auf-dem-Stuhl-Lehnen. Und auch mit dem Trinken sollte man sich den ganzen Tag über zurückhalten. Denn ein kurzer Boxenstopp fürs dringende Bedürfnis - unmöglich.
Trotzdem, Oppermann macht den Job gern. Vor 13 Jahren hat ihn der heute 30-Jährige übernommen, von seinem Vater, der bis dahin stets in die Erbsbärrolle geschlüpft war. Man halte das schon durch, sagt er und würde abwinken, wenn er denn abwinken könnte.
Derweil ist bereits Nachwuchs für spätere Jahre in Sicht. Weil es in diesem Jahr ein Jubiläum ist - der 40. Erbsbärumzug seit der Neuauflage - hat Bärenführer Ronny Michalski nicht nur ein stacheliges Ungetüm an der Leine, sondern zwei. Jung-Bär Anton Killat, zehn Jahre, ist genauso ins Erbsenstroh gewickelt wie sein großes Vorbild. Ist das Kostüm schwer? „Ich bin Ringer“, sagt Anton.
In Oberröblingen gibt es seit Jahrzehnten die Tradition der Erbsbärumzüge
Die Tradition der Erbsbärumzüge in Oberröblingen reicht viel weiter zurück. Früher haben ihn andere Vereine organisiert, 1968 zum letzten Mal die Angler. „Nach zehn Jahren Pause fragte der damalige Bürgermeister Kurt Renno die Feuerwehr: ,Wollt ihr das nicht wieder ins Leben rufen? Ihr seid doch eine starke Truppe’“, erzählt Bernd Sladek. Und so kam es, dass die Feuerwehr in Oberröblingen sich des Karnevals annahm.
Erst gab es wieder Umzüge, dann kamen Abendveranstaltungen dazu und schließlich auch der Kinder- und Weiberfasching. Volles Programm also, ganz ohne eigenen Karnevalsverein. Seit 15 Jahren findet all das im großen Festzelt an der Feuerwehr statt, doch die Hoffnung auf die Sanierung des großen Saals im Ratskeller haben sie noch nicht ganz aufgegeben.
Umzugstruppe schlängelt sich durch Oberröblingen
Zusammen mit den beiden Erbsbären schlängelte sich am Samstag jedenfalls wieder eine kunterbunte Umzugstruppe durch den Ort. Das Prozedere hat eine lange Tradition: In jedem Straßenabschnitt werden die dort wohnenden Familien lautstark begrüßt. Im besten Fall halten sie eine Spende bereit oder haben sogar einen Tisch mit flüssiger Wegzehrung in den verschiedensten Sorten aufgebaut. Erfahrene Umzügler wissen, dass man nicht alles probieren sollte, wenn man die Dankeschönveranstaltung am Abend noch miterleben will.
Zum Glück rollte neben dem mobilen Glühweintank auch feste Verpflegung im Umzug mit, und der Küchenzug hatte wieder einen deftigen Erbseneintopf angesetzt. Auch das Wetter meinte es in diesem Jahr gut mit den Oberröblingern. Bei Temperaturen knapp über null Grad und Sonnenschein war den Schneefrauen, Einhörnern und Rockstars lange zum Feiern zumute. Ein Jubiläumsumzug nach Maß. (mz)