Per Video vor die Jury Corona-Pandemie: Musikalischer Carl-Schroeder-Wettbewerb per Video-Einsendung

Sangerhausen - Schnell noch das schicke Blumengesteck im Hintergrund auf den Lautsprecher gestellt - „Das Auge hört schließlich mit“, flachst Enrico Kotzur und lacht. Dann aber Konzentration: Kotzur richtet die Kamera aus, Dana Marlen Röhling setzt sich zurecht, legt die Finger auf die Tasten und Knöpfe ihres Akkordeons.
Und dann spielt sie los. In schnellen Kaskaden perlen die Töne aus dem Instrument. Das „Preludio“ von Adame Volpi ist das erste Stück des Programms, mit dem sie in diesem Jahr am renommierten Carl-Schroeder-Wettbewerb teilnimmt.
Carl-Schroeder-Wettbewerb: Wegen Corona per Video
Normalerweise würde die 16-Jährige dazu in dieser Woche nach Sondershausen fahren und im prächtigen Blauen Saal des Schlosses direkt vor der Jury spielen. Doch was ist schon normal im Jahr 2020?
Die Organisatoren des Schroeder-Wettbewerbs wollten nicht, dass die Veranstaltung wie so vieles wegen der Coronakrise abgesagt wird. Und so eröffneten sie kurzerhand die Möglichkeit, den Wettbewerbsbeitrag als Video einzuspielen und in Sondershausen einzureichen. Deshalb sitzt Dana Marlen jetzt im Ludowingersaal der Kreismusikschule und lässt ihren Wettbewerbsbeitrag aufnehmen.
Jury schaut sich die Videos an
Hochgeladen werden dürfen die Videos ausschließlich vom 18. bis 20. Mai. Von Donnerstag bis Sonntag werden die Juroren sich die Beiträge dann anschauen - an genau jenen Tagen, an denen der Wettbewerb normalerweise live stattgefunden hätte.
Dana Marlen will es probieren. Auch wenn bei dieser Variante eine wichtige Komponente des Wettbewerbs fehlt: „Ich hätte schon gern gewusst, wer in der Sparte Akkordeon noch so startet.“ Und was die anderen jungen Musikern so drauf haben. Immerhin kann aber auch das nicht passieren, was ihr vor zwei Jahren im Blauen Saal geschah: Röhling saß direkt vor dem großen Konzertflügel. Und zum Ende ihres Vortrags gab der plötzlich ein lautes Knarzen von sich, das alle im Saal zusammenzucken ließ.
Was genau das damals war habe sich nie herausgestellt, sagt Röhlings Akkordeon-Lehrerin Andrea Wölfer. Fakt ist: Ihr Schützling ließ sich nicht beirren und brachte ihr Programm souverän zu Ende. 22 Punkte und ein „sehr gut“ waren der Lohn.
Dana Marlen Röhling: Nervenstärke als Markenzeichen
Nervenstärke scheint ohnehin ein Markenzeichen der Zehntklässlerin zu sein. Vor Jahren zog sie die Unterstufenprüfung mit Schulterbruch durch, nach einem Sturz mit dem Pferd. Außer Gefecht war sie lediglich 2012, ganz am Anfang ihrer Akkordeon-Karriere. Weil ein Meerschweinchen ihr den Finger zerbissen hatte, konnte sie erst an dem Tasteninstrument starten, als alles einigermaßen verheilt war.
Für das Wettbewerbs-Video für den Schroeder-Wettbewerb könnte man theoretisch so oft neu ansetzen, bis alles perfekt passt. Klappt aber nicht mit einem schweren Akkordeon, gibt Andrea Wölfer zu bedenken: „Da ist dann einfach die Kraft weg.“
„Bis jetzt kein Problem“, sagt Dana Marlen und lächelt, als sie nach einem Patzer im ersten Stück noch mal von vorn beginnt. Die Anforderungen an das Video sind klar: Man muss zu jeder Zeit Gesicht und Hände des Teilnehmers sehen und es muss alles in einem Stück aufgenommen werden, ohne Schnitt.
Eingesendete Videos dürfen nicht geschnitten sein
Dana Marlen, die zurzeit in Sangerhausen die Abschlussprüfungen der zehnten Klasse absolviert und danach auf dem Fachgymnasium das Abitur machen will, um Musiklehrerin zu werden, wirkt ganz unaufgeregt, als sie ihr Programm spielt und mit dem Fuß leicht den Takt dazu tippt.
Nach gut zwölf Minuten sind auch die letzten Töne verklungen, das melancholische „Oblivion“ des argentinischen Tango-Meisters Astor Piazzola bildet den Abschluss von Röhlings Wettbewerbsbeitrag. Der wird jetzt elektronisch auf die Reise geschickt. Und dann heißt es Daumen drücken für ein gutes Ergebnis. (mz)