Chinesischer Zirkus Chinesischer Zirkus: Zum Auftakt tanzt Drache
Hettstedt/MZ. - Dabei muss sich der Europäer von dem verabschieden, was er bisher unter "Zirkus" verstand: Hier gibt es keine Tierdressuren, hier agieren Menschen in einem atemberaubenden vielfältigen Programm. Tanzende, freundlich lächelnde bunte Löwen und ein meterlanger Drache, der bei keiner Vorführung des chinesischen Zirkus fehlen darf, führen in das Programm ein und lassen fast vergessen, dass sich Menschen unter den Tüchern verbergen.
Das folgende Non-Stopp-Programm, nur unterbrochen durch passende Sprüche des Weisen Konfuzius, lässt auch vergessen, dass der Mensch von einem Knochengerüst aufrecht gehalten wird: Hyperelastisch, wie auch Gummi winden sich junge Mädchen lächelnd durch Stahlröhren - der von Rückenschmerzen geplagte deutsche Durchschnittsbürger sieht es fassungslos. Pyramiden aus menschlichen Körpern scheinen gewichtlos zu schweben, dabei stehen Tabletts mit brennenden Kerzen sicher auf Köpfen, Händen und Füßen der jungen Künstler.
Nicht zu vergessen sind die Lichteffekte, die Schattenbilder auf den Hintergrund zaubern. Jonglieren mit Diabolos, Hüten oder Schwertern in rasendem Tempo, wobei die fliegenden Objekte wie an Fäden gezogen auch aus großer Höhe zielgenau zurück kehren, lassen an Zauberei glauben. Wozu ein Fahrrad zwei Räder braucht, wird hier in Frage gestellt: Mit einem Rad bewegen sich Artisten über Stufen, springen, wechseln die Räder, als gäbe es keine Schwerkraft. Höhepunkt dieses Programmteils ist eine Menschenpyramide von zehn Artistinnen, die sich auf einem einzigen Fahrrad türmen und noch imstande sind, auf der verhältnismäßig kleinen Bühne Kurven zu fahren.
Künstlerischer Leiter der Gruppe ist Tscheche: Ladislav Knos, ehemals Direktor des tschechischen Staatszirkus in Prag, arbeitete damals schon gern mit chinesischen Artisten zusammen, wie er verriet. Jetzt fährt er ein- bis zweimal nach Tianjin, mit neun Millionen Einwohnern die drittgrößte Stadt Chinas, in der die Ausbildung junger Artisten erfolgt, und stellt eine Gruppe für eine Tournee in Europa zusammen. Chinesisch spricht er zwar nicht, die Artisten sprechen auch kaum Englisch. Doch werde ihm stets eine Dolmetscherin zur Verfügung gestellt, erzählte er. An der Schule werden sechs- bis achtjährige Jungen und Mädchen, die gute Voraussetzungen haben, in acht- bis zehnjähriger Ausbildung zu den Artisten heran gebildet, die in der ganzen Welt kaum ihresgleichen haben. Die Zusammenarbeit mit den Künstlern mache ihm viel Freude, die Begeisterung des Publikums sei ihnen sicher, betont der Art-Director. Bis Juni führt sie das Programm noch in 105 Städte in Deutschland. Veranstaltungen in den neuen Bundesländern seien neben Hettstedt in Wolfen, Chemnitz und Görlitz, die übrigen im Westen Deutschlands.