Bestattungspflicht Bestattungspflicht: Wer zahlt die Beerdigung, wenn Menschen einsam sterben?

Sangerhausen - Manchmal trifft der Tod auf einen sehr einsamen Menschen. Jemanden, der keinen Kontakt mehr hatte zu Verwandten oder engen Freunden, die dann trauern und sich um eine würdevolle Bestattung kümmern.
In solchen Fällen muss zunächst die Kommune in die Bresche springen - so will es das Gesetz. Im Landkreis Mansfeld-Südharz passiert das immer wieder. Und die Zahl der Fälle wird weiter zunehmen, da ist sich Marina Becker, Pressesprecherin der Stadt Sangerhausen, sicher. „Diejenigen, deren Kinder nach der Wende wegen der Arbeit in den Westen gegangen sind, haben ja jetzt meist noch nicht das ganz hohe Alter erreicht“, sagt sie.
Zahl der einsamen Tode in Sangerhausen merklich angestiegen
In Sangerhausen gab es schon in diesem Jahr merklich mehr einsame Todesfälle als im Vorjahr. Bis Ende Oktober musste das Ordnungsamt insgesamt 27-mal einspringen, weil Menschen verstorben waren, ohne dass Angehörige überhaupt etwas davon mitbekamen. In 19 dieser Fälle konnte das Amt innerhalb von zehn Tagen Verwandte finden, die dann die Bestattung regelten.
Für acht Verstorbene indes musste die Kommune die Beerdigung selbst in Auftrag geben. Zum Vergleich: Im gesamten vergangenen Jahr sind in Sangerhausen 15 Menschen einsam gestorben, für fünf musste schließlich die Stadt den letzten Weg ebnen.
Ist der Wunsch des Verstorbenen nach einer bestimmten Bestattungsform erkennbar, dann halte man sich daran, sagt Marina Becker. So steht es auch im Gesetz. Meist bleibt es aber bei der einfachsten Variante: anonyme Urnenbeisetzung auf der grünen Wiese.
Gesetz gibt genaue Reihenfolge vor, in der Verwandte für Beerdigung aufkommen müssen
Mehrere Tausend Euro im Jahr gibt die Stadt dafür aus, eine genaue Summe wollte Becker nicht nennen. Doch die Kommunen versuchen stets, sich das Geld von Angehörigen zurückzuholen, die sie später doch noch ausfindig machen können.
Das Gesetz benennt ganz genau die Reihenfolge, in der volljährige Verwandte für die Kosten einer Beerdigung aufkommen müssen: Ehe- oder Lebenspartner, Kinder, Eltern, Geschwister, Partner ohne amtliche Eintragung, Vormund, Großeltern, Enkel und schließlich Verwandte bis zum dritten Grad.
Gesetz ist unerbittlich: Wer Geld hat, muss zahlen
In der Mehrzahl der Fälle bekommen Stadt oder Gemeinde auf diese Weise das ausgelegte Geld erstattet, hieß es übereinstimmend bei einer MZ-Umfrage in den Kommunen. Auch wenn es den Mitarbeitern manchmal selbst nicht leicht fällt, die Summe einzufordern.
Da gebe es schon harte Fälle, hieß es beispielsweise aus der Einheitsgemeinde Stadt Allstedt. Doch egal, ob man mit dem Ex-Partner nach einer hässlichen Trennung viele Jahre nichts mehr zu tun hatte oder den Vater sein ganzes Leben lang nie zu Gesicht bekam, weil er die Familie verlassen hat, als man selbst noch ein Baby war - das Gesetz ist unerbittlich. Wer Geld hat, muss zahlen.
In Allstedt mit seinen drei Pflegeheimen sterben jedes Jahr etliche Menschen, um die sich zuletzt kein Angehöriger mehr gekümmert hat. Und jedes Jahr sind auch ein bis vier Fälle dabei, in denen sich wirklich niemand mehr findet, den man im Nachhinein für die Bestattungskosten heranziehen kann, sagt Ordnungsamtsleiter Jörg Hofmann. Er würde sich wünschen, dass die häufig eingesetzten gesetzlichen Betreuer mit ihren betagten Mandanten die Frage der Bestattung schon zu Lebzeiten besprechen, ihre Wünsche festhalten und die Finanzierung klären. Das allerdings passiere kaum.
Bestattungspflichtige im Kreis können fast immer ausfindig gemacht werden
Auch in der Gemeinde Südharz muss sich Iris Brauner, Sachgebietsleiterin Ordnungsamt, immer wieder um Bestattungen kümmern. Bisher bleibe es bei maximal einer Handvoll Fälle im Jahr, sagt sie. Und sie hofft, dass es auch bald nicht mehr werden. Und das gar nicht wegen des Aufwandes.
„Es ist so traurig, wenn ein Leben so einsam zu Ende geht“, sagt Iris Brauner. So einsam, dass ein völlig fremder Amtsmensch in einer Wohnung steht und die letzten Dinge eines verloschenen Lebens regelt. Dass jemand bestattet wird, ohne dass ihm ein einziger Angehöriger oder Bekannter die letzte Ehre erweist.
„Auch wenn man allein ist, sollte man jemanden haben, mit dem man über die Frage der Beerdigung spricht und die wichtigsten Dinge festlegt“, meint Iris Braune.
Auf Kosten bleibt die Gemeinde Südharz nur sehr selten sitzen. „Die Trefferquote ist sehr hoch“, sagt Iris Brauner über die Suche nach Bestattungspflichtigen.
In der Verbandsgemeinde Goldene Aue ist man bisher sogar noch nie auf den Kosten sitzen geblieben, hieß es auf MZ-Anfrage aus dem Ordnungsamt. Auch wenn man manchmal erst nach einem halben Jahr einen Zahlungspflichtigen findet. In Roßla registriert man übrigens schon jetzt einen deutlichen Anstieg bei den einsamen Sterbefällen. Waren es früher mal einer bis drei im Jahr, sind es inzwischen stets um die zehn. (mz)