Ausstellung Ausstellung: Amateurfilme im Museum

kelbra/MZ - Das Heimatmuseum der Stadt Kelbra, das sich in der Oberpfarre befindet, ist um eine Attraktion reicher geworden. Walter Linke richtete dort im Rahmen der Neukonzipierung des Museums eine Dauerausstellung zur Amateurfilmgeschichte ein. Zu sehen gibt es überwiegend 8-mm- und 16-mm-Aufnahme- und -Wiedergabetechnik aus den Beständen des ehemaligen Amateurfilmzirkels Kelbra und dem privaten Besitz von Walter Linke. „Alles ist noch voll gebrauchsfähig und funktioniert tadellos“, sagt Linke. Dazu kommen Requisiten verschiedenster Art, Plakate und als wertvollste Stücke 20 Originalfilme, die in der Zeit von 1968 bis 1989 entstanden sind.
Sie beinhalten Erinnerungen an die ehemalige Kyffhäuser-Kleinbahn und vermitteln Eindrücke von der 700-Jahr-Feier der Stadt Kelbra im Jahr 1974. Es gibt aber auch Spielfilme. Einer wurde sogar in der Burgruine Rothenburg gedreht. „Die Ausstellung dokumentiert die Entwicklung des Amateurfilms in der ehemaligen DDR“, sagt Linke. „Man muss dabei beachten, dass es ja nur wenige Filmzirkel gab.“
Am 10. Januar 1968 gründeten die „Filmer“ Walter Linke, Günter Breitrück, Günter Bernsdorf und Günter Jödicke in Kelbra einen Amateurfilmzirkel. Jeder von ihnen war Besitzer einer 8-mm-Filmkamera. Vorsitzender wurde Walter Linke. In der ehemaligen Berufsschule richteten sie ihr erstes Studio ein, der VEB Feingerätebau schenkte ihnen ein Tonbandgerät B 4. Als erster gemeinsamer Film entstand der Streifen „Industrieschau“. Darin wurden der Feingerätebau, die Knopfherstellung und die Fertigung von Zeilentrafos gezeigt. Er wurde im Heimatkundeunterricht vorgeführt. Der Klub der Werktätigen in Kelbra nahm den Zirkel in seine Reihen auf und gewährte den Filmern materielle Unterstützung. 1969 begannen die Dreharbeiten für einen Film über den Bau der Talsperre, 1975 wurde der Film über die 700-Jahrfeier von Kelbra aufgeführt. Zwischenzeitlich stand Walter Linke vorübergehend allein hinter der Kamera, erst 1974 stießen sechs Jugendliche dazu und die Gruppe zog mit dem Studio in die Bornschule um.
1977 erfolgte die Umbenennung in „Filmklub Kelbra Studio 77“. Vorangegangen war eine dreijährige Weiterbildung, die Linke beim Studio für Spielfilme in der DDR-Filmstadt Babelsberg absolviert hatte. Der Spielfilm „Vater werden ist schwer“ war seine Abschlussarbeit. Das Studio wurde komplett mit 16-mm-Technik ausgerüstet. In Eigenleistung entstanden ein Vorführ- und ein Zuschauerraum. „Das war natürlich ein großer Fortschritt“, erinnert sich Linke gern daran zurück. Der Filmklub übernahm eine Patenklasse an der Goethe-Schule, gestaltete Pioniernachmittage und bildete mit Schülern ab der 7. Klasse einen Pionierfilmzirkel. Der „Tonmeister“ Uwe Gregorek wurde Stellvertreter von Walter Linke.
Auch an Anerkennungen mangelte es in den 70er und 80er Jahren nicht. Fünfmal, zwischen 1976 und 1988, erhielt die Gruppe den Titel „Hervorragendes Volkskunstkollektiv“. Walter Linke bekam 1979 die „Medaille für Verdienste im künstlerischen Volksschaffen der DDR“. Im Juli 1980 nahmen die Kelbraer an den Talentewerkstatttagen in Rostock teil.
Im Oktober des gleichen Jahres wurde das DEFA-Studio für Spielfilme in Babelsberg besichtigt. 1981 entstand der Film „Die Bäuerin und WIR“, eine Dokumentation über Lilo Neumann, die erste LPG-Vorsitzende der DDR. Die Uraufführung erfolgte am 12. März 1984 vor großem Publikum. Für seinen Film „Das schöne Buch“ bekam der Pionierfilmzirkel 1983 sogar einen 2. Preis im DDR-Wettbewerb der Pionier-Filmstudios in Leipzig. 1988 gab es zum 20-jährigen Bestehen viele Glückwünsche. 1989 startete das letzte Projekt unter dem Titel „Robert Büchner“: über die Rettung des Lenin-Denkmals in der Lutherstadt Eisleben. Eine Uraufführung kam nicht mehr zustande. 1992 schloss das Studio 77 für immer seine Türen.