Ärger wegen Zusammenarbeit mit der Stadt Ärger wegen Zusammenarbeit mit der Stadt: Brandbrief aus den Ortsteilen

Sangerhausen - Es ist eine flammende Anklage. In einem neun Punkte umfassenden Forderungskatalog hat die Bürgerinitiative Ortsteile Sangerhausen (BOS) die aus ihrer Sicht bestehenden Kernprobleme in der Zusammenarbeit zwischen den 14 Ortschaften und der Sangerhäuser Stadtverwaltung zusammengefasst. Hauptpunkt ist dabei „eine ungerechte Verteilung der finanziellen Mittel zwischen der Kernstadt und den Ortschaften“. In der Liste werden nun unter anderem mehr Geld und mehr Investitionen für die Ortschaften, ein Ortsteilkoordinator und regelmäßige Gesprächsrunden mit allen Bürgermeistern gefordert. Außerdem müsse sich die Stadtverwaltung mehr als Dienstleister verstehen. Sie habe auch gegenüber den Ortsteilen zu „dienen“ und zu „leisten“.
1. Überarbeitung der Prioritätenliste für Investitionen für die einzelnen Orte und Abstimmung gemeinsamer Initiativen.
2. Die finanziellen Zuwendungen für die Ortsteile sind deutlich zu erhöhen. Sie haben sich mehr an den Problemen in den Ortsteilen (OT) zu orientieren.
3. Eine regelmäßige Gesprächsrunde mit allen Bürgermeistern als Gedanken- und Erfahrungsaustausch sollte Prinzip werden.
4. Der Sitzungsplan der Stadt für 2017 ist so auszurichten, dass eine Einflussnahme der Ortschaftsräte vorausschauend möglich ist. Zurzeit ist eine Mitwirkung aus Gründen in der Termingestaltung kaum möglich.
5. Den ehrenamtlichen Ortsteilbürgermeistern ist eine größere finanzielle Unterstützung für die Beschaffung von moderner Computertechnik zu geben, damit der Kontakt zur Stadtverwaltung verbessert werden kann.
6. Zur Unterstützung der OT-Bürgermeister wird ein Ortsteilkoordinator zwischen Stadtverwaltung und OT vor allem für die noch berufstätigen OT-Bürgermeister benötigt.
7. Das Selbstbild der Stadtverwaltung muss sich ändern: Sie hat sich als Dienstleister zu verstehen, das heißt auch gegenüber den OT zu „dienen“ und zu „leisten“. Die OT sind keine Bittsteller.
8. Die Verwaltung soll nicht darüber entscheiden, welches Volksfest in den OT wichtig ist. Eine Regelung über Mitteleinsätze muss gemeinsam geschaffen werden.
9. Zur Verbesserung der Effektivität sollten die Strukturen und Aufgaben des Bauhofes überdacht werden. Ein „Bauhofmitarbeiter vor Ort“ sei notwendig.
Die Liste ist im Nachgang des ersten Bürgermeisterstammtisches erarbeitet worden, zu dem die Stadtratsfraktion der BOS vergangene Woche in den Großleinunger „Rathskeller“ eingeladen hatte. Von den 14 Ortsteilbürgermeistern waren elf anwesend, drei fehlten entschuldigt. Sangerhausens Oberbürgermeister Ralf Poschmann (CDU), der ausdrücklich zu der Runde eingeladen war, hatte sich im Vorfeld ebenfalls entschuldigt, schreiben der BOS-Fraktionsvorsitzende Bert Mrozik und sein Stellvertreter Gerhard von Dehn Rotfelser in einer Presseerklärung. Bereits kürzlich hatten BOS und Ortsteilbürgermeister bemängelt, dass es keine Zusammenarbeit auf Augenhöhe zwischen den Ortschaftsräten, dem Sangerhäuser Oberbürgermeister und der Stadtverwaltung gebe. „Einhellige Auffassung bestand beim Bürgermeisterstammtisch darin, dass die finanziellen Mittel nicht im Entferntesten den Notwendigkeiten und einer gerechten Verteilung zwischen den Ortsteilen und der Kernstadt entsprechen. Es wurde daran erinnert, dass ein Drittel der Bevölkerung von Sangerhausen aus den Ortsteilen kommt.“ Es sei und bleibe die Verantwortung nicht nur der 14 Ortschaftsräte die dörflichen Strukturen zu erhalten und zu verbessern, sondern auch die des OB und seiner Verwaltung“, heißt es weiter. Mehrere Ortsteilbürgermeister hätten aus ihrem Herzen keine Mördergrube gemacht und nachdrücklich gefordert, die Arbeitsweise der Stadtverwaltung zu verändern. Sie entspreche nicht den Anforderungen einer Flächenstadt. Die BOS will nun eine Initiative starten, die sich mit der Stabilisierung der dörflichen Entwicklung befassen soll.
Lengefelds Ortsbürgermeister Siegmar Hecker (BOS) hat in einem Facebook-Post mitgeteilt, dass der Lengefelder Ortschaftsrat zehn Jahre nach der Eingemeindung seines Ortes nach Sangerhausen enttäuscht ist. Es sei immer versichert worden, dass Lengefeld nach der Eingemeindung die gleichen finanziellen Mittel zu Verfügung stehen würden. „Man sprach sogar von einer Million Euro mehr an Zuweisungen für die dann nach Einwohnerzahlen größer gewordene Stadt Sangerhausen. Davon würden auch die neuen Ortsteile ihren Anteil erhalten“, so Hecker. „Wir übersehen nicht, dass sich die finanzielle Lage der Kommunen in den letzten Jahren im Land weiter verschlechtert hat.“ Es sei aber das eingetreten, was Kritiker vorausgesagt haben: „Die hohe Verschuldung der Stadt Sangerhausen wirkt sich nachteilig auf unsere Ortschaft aus. Unsere gesteckten Ziele, Investitionsvorhaben konnten nicht realisiert werden.“ (mz)