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An der Berufsehre des Revierförsters gekratzt

Von Ingrid Semmler 09.06.2005, 16:27

Beyernaumburg/MZ. - Gewurmt hat ihn die Aussage von Revierförster Lutz Listing: "In dem Wald ist seit 1990 nichts gemacht worden, auch schon etliche Jahre vor der Wende nicht." Damit hat er an der Berufsehre von West, der über 45 Jahre im Wald arbeitete und vor dem Ruhestand als Oberförster das damalige Revier Beyernaumburg betreute, gekratzt. Und an der der Waldpflegearbeiterinnen. "1990 war der Wald von Beyernaumburg aus forstwirtschaftlicher Sicht ein intaktes Revier", sagt West: "Wenn unter Regie der Treuhand die forstwirtschaftlichen Arbeiten mehr oder weniger unterlassen wurden, sind natürlich Nacharbeiten erforderlich."

Viele ältere Beyernaumburger würden die Entwicklung und den Zustand des Reviers kennen. Der Leserbrief, der übrigens nicht von ihm stammt, sei aber nicht unbegründet. So seien die Beyernaumburger einen sauberen Wald gewohnt. "Nach dem Holzeinschlag", so West, "musste alles raus aus dem Wald, was mehr als vier Zentimeter Durchmesser hatte." Dagegen habe jeder Förster darauf geachtet, einen vielschichtigen naturnahen Wald und damit auch die Vielfältigkeit der Natur zu erhalten. "Dazu gehören auch überalterte Bäume", so West. Nur nach Geld könne ein Wald nicht bewirtschaftet werden.

Stets sei darauf geachtet worden, dass in Ortsnähe behutsam und vorsichtig gearbeitet wurde. Außerdem seien naturnahe Eichenwaldrelikte geschont und der Naturschutz beachtet worden. "Wenn nun diese Bestände rigoros entfernt werden und zum Beispiel eine Kahlfläche von rund zwei Hektar Größe durch Nadelhölzer bepflanzt wird, so ist nichts anderes zu erwarten, als dass sich die Bevölkerung empört", so West. Zumal das südöstliche Harzvorland mit seinem geringen Niederschlag für den Nadelholzanbau ungeeignet sei.

Diese Bestände hätten nach seiner Ansicht besser nachhaltig über die Naturverjüngung bewirtschaftet werden sollen, wie es früher bereits auf größeren Flächen im Revier praktiziert worden sei. Die über die Eichen-Naturverjüngung begründeten Bestände von Beyernaumburg gelten unter Forstleuten als beispielhaft. So gehörte eine Exkursion dorthin von 1984 bis 2004 zum Studium an der Forstfakultät Tharandt. Selbst Studenten der Forstwirtschaftlichen Fakultät der Uni München hätten sich 1988, also noch zu DDR-Zeiten, vor Ort darüber informiert. West selbst könnte viele Beispiele aufzählen, die belegen, wie gut in Schuss das Revier war. "Sonst hätte es kaum so viele Bewerber für die 219 Hektar Privatwald gegeben", meint er.

"Nichts lag mir ferner, als Gustav West oder seinen Nachfolgern im Revier zu nahe zu treten, ihre unbestrittenen Leistungen zu schmälern und ihre Arbeit zu missachten", sagte Lutz Listing gegenüber der MZ. Die Aussage, dass im Wald nichts gemacht worden sei, habe sich ausschließlich auf die Fläche bezogen, die Treuhand-Liegenschaft war und an privat verkauft worden sei, sowie auf die Holzernte in Größenordnungen. In dieser Beziehung sei der Wald, wie er es auch gesagt habe, gegenüber heute viele Jahre eine Ruhezone gewesen.