Als Stadtführerin in den «Unruhestand»
Eisleben/MZ. - Aber wahrscheinlich wird es eher ein Unruhestand. "Im Juni mache ich meine erste Stadtführung. Das Zertifikat habe ich ja", so Gudrun Riedel, die bis Ende Mai auch noch das Kulturhaus der Mansfelder Bergarbeiter leitet. Das es diesen Namen heute noch gibt, dafür hat sie gekämpft. "Das ist doch ein Teil unserer Geschichte." Wobei das Mansfeld Kombinat ein Teil ihrer Geschichte ist. 1966 kam die in Waren an der Müritz geborene Gudrun Riedel nach Hettstedt. "Meine Großmutter hat gesagt, du gehörst da hin, wo dein Mann herkommt", erinnert sie sich an ihren Umzug aus Mecklenburg ins Mansfeldische einen Tag vor Silvester.
Eigentlich sollte die studierte Diplom-Kulturwissenschaftlerin schon damals im Eisleber Haus eine Tätigkeit beginnen, bekam aber zunächst das Klostermansfelder Klubhaus übertragen. Mit gerade mal 26 Jahren gehörte Gudrun Riedel in der DDR zu den jüngsten Leiterinnen. Und sie muss ihre Arbeit gut gemacht haben, wurde sie doch am 1. April 1968 Abteilungsleiterin Kultur, Sport und Tourismus in der neu gegründeten Direktion Arbeits- und Lebensbedingungen des Mansfeld Kombinates. Was sich nach gemütlichem Bürojob anhört, war mitunter Stress pur. "Professor Karlheinz Jentsch hat mich auch mal früh halb sechs zum Gespräch auf den Schacht bestellt", erzählt sie. "Damit ich sehe, wie hart die Kumpel schuften mussten und dass sie dafür einen Ausgleich brauchen." Professor Jentsch war der Generaldirektor des Mansfeld Kombinates.
Aus dieser Zeit kann Gudrun Riedel scheinbar unendlich viele Geschichten erzählen. Zum Beispiel vom Sonderzug nach Dresden, als 1987 über 400 so genannte Bestarbeiter in der Semperoper den "Barbier von Sevilla" erlebten. Scheinbar unmöglich, denn damals gab es für die Semperoper 55 000 Kartenbestellungen, und das pro Woche.
Die Zeit im Kombinat möchte Gudrun Riedel genauso wenig missen, wie die nach der Wende. "Ich bin dankbar, dass ich diese Chance von der Stadt bekommen habe", sagt sie. Die Spuren, welche sie hinterlassen hat, sind vielfältig. Die farbenprächtigen Umzüge oder der Erhalt der Mansfeld-Galerie werden vielleicht am tiefsten in Erinnerung bleiben. Nun wird sie mehr Zeit für ihren Mann Norbert haben. Außerdem will sich Gudrun Riedel in verschiedenen Vereinen engagieren. Und Feste mitorganisieren.