Vorzeitige Rente mit 90 Vorzeitige Rente mit 90: Beatrix Prenz-Grünhage gibt Geschäft in Querfurt auf

Querfurt - Der Aufsteller hat vermutlich manchen erst einmal stutzen lassen: „Wir sagen ,JA!’ zur Rente mit 90“ stand da. Mit 90? Was gemeint ist: In Querfurt steht ein traditionsreiches Geschäft ziemlich genau 90 Jahre nach seiner Eröffnung vor der Schließung: Herrenmoden Prenz.
Inhaberin Beatrix Prenz-Grünhage, Enkelin des einstigen Gründers, hat sich zur Aufgabe des Ladens entschlossen. Bis zum 1. Juli läuft der Ausverkauf. Für diesen, den letzten Tag, hat die Chefin auch via Internet noch einige Überraschungen angekündigt.
Es war der 1. April 1927, an dem ihr Großvater Karl Prenz das Geschäft in Querfurt eröffnete. Als Sohn eines Ladeninhabers für Herren- und Knabenbekleidung in Herzberg/Elster hatte er zunächst nicht in die Fußstapfen des Vaters treten wollen und eine Banklehre absolviert, erzählt die 52-Jährige. In der Weltwirtschaftskrise habe er sich umentschieden und von einem Makler ein Objekt suchen lassen - jenes in Querfurt wurde es.
Großvater Karl Prenz eröffnete 1927 das Geschäft in Querfurt
Bei einer Konkurrenz von mehr als 20 Herrenschneidern und -Bekleidungsläden sei er schnell zum Platzhirschen avanciert. An die damalige Zeit erinnern heute noch eine Originalkasse, die Prenz-Grünhage jüngst wiedergefunden hat, oder eine in der Familie entstandene Broschüre mit einer Sammlung von Anzeigen, die das Geschäft aufgegeben hat.
In den 60er Jahren wurde Prenz-Grünhages Vater Klaus Teilhaber des Geschäfts, 1974 übernahm er es als Kommissionshändler des Konsums, verkaufte neben Herrenmode auch Arbeitsbekleidung für den damaligen Kreis Querfurt. Prenz-Grünhage selbst absolvierte ein Lehramtsstudium, stieg nach der Wende aber doch ins Geschäft ein, übernahm es 1994. Drei Jahre später eröffnete sie eine Filiale in Halle, die sie vor einigen Jahren aber an eine Angestellte übergeben hat.
„Das Internet und die Grüne Wiese haben uns schon viele Kunden gekostet“
Aufwand und Nutzen standen in keinem Verhältnis, sagt die Querfurterin. Zwar habe das Geschäft schwarze Zahlen geschrieben, „aber gelohnt hat sich’s nicht“. Überhaupt wurde es für den Einzelhandel nicht einfacher: Kunden seien zwar zum Beraten gekommen, hätten aber im Internet gekauft, sagt die Geschäftsinhaberin etwa. Riesige Verkaufsflächen im Osten, günstige Outlets... „Das Internet und die Grüne Wiese haben uns schon viele Kunden gekostet.“ Auch frühere Stammkunden seien nicht mehr so oft gekommen.
In den vergangenen sechs Jahren hat Prenz-Grünhage bereits nebenbei als Dozentin gearbeitet - als Zubrot und „für mich für den Kopf“, wie sie sagt. Die 52-Jährige war in der Erwachsenenbildung tätig, hat Deutsch als Fremdsprache gelehrt. „Das hat echt Spaß gemacht.“ 2016 hat die Querfurterin einen Job als Lehrerin an einer halleschen Sekundarschule angenommen. Der Laden wurde nur noch am Nachmittag geöffnet. Ein Jahr habe sie sich so durchgekämpft, so Prenz-Grünhage. „Das ist anstrengend.“
Die Aufgabe des Geschäfts falle ihr nicht leicht, sagt die 52-Jährige, lange auch im Gewerbeverein engagiert. „Großvater und Vater schweben schon über mir.“ Aber sie sei auch ein rationaler Mensch, im Kopf habe sie sich damit lange abgefunden, trotz des Herzbluts, mit dem sie den Laden führte. „Alles hat seine Zeit.“ (mz)