Fall des ermordeten Tim Fall des ermordeten Tim: Kreistag stärkt dem Jugendamt den Rücken

Merseburg - Das Jugendamt des Saalekreises rückte schon kurz nach der Ermordung des zweijährigen Tims Mitte Juli in Querfurt in den Fokus der Kritik. Während die Mutter und ein 36-jähriger Bekannter seither wegen der Tat in Untersuchungshaft sitzen, erhoben Nachbarn schnell Vorwürfe gegen die Behörde. Es habe schon im Vorfeld viele Hinweise an das Jugendamt gegeben, dieses habe aber nicht eingegriffen, lauteten diese.
Dem widersprechen nun aber Mitglieder des Kreistags, die Akten des Jugendamtes zum Fall einsehen konnten: „Da ist kein Fehlverhalten“, resümierte etwa Ramona Hoyer (FDP) am Mittwoch im Kreisausschuss. Der diskutierte einen von der AfD geforderten Untersuchungsausschuss.
Keine Hinweise auf Gefahr
Auch andere Kreistagsmitglieder sahen das ähnlich. Das Jugendamt führte nach ihren Aussagen zwar mehrfach Gespräche mit der Mutter des Jungen, in denen Hilfen angeboten wurden. Die seien aber nicht angenommen worden. Die Familie befand sich damit nicht in Betreuung der Behörde.
Hinweise auf eine Kindeswohlgefährdung habe es nicht gegeben, weshalb das Jugendamt nur begrenzte Möglichkeiten hatte, von sich aus aktiv zu werden. Anzeigen oder Hinweise von Nachbarn fanden sich wohl ebenfalls nicht in den Akten. Dagegen hätten Dritte, die beruflich mit dem Jungen zu tun hätten, den Umgang der Mutter mit Tim als fürsorglich eingeschätzt.
„Es sind einige Anhaltspunkte zu Tage getreten, so dass hier weiter gegraben werden muss.“
Auch AfD-Fraktionschef Hans-Thomas Tillschneider lobte die Akteneinsicht als hilf- und aufschlussreich. „Es sind aber einige Anhaltspunkte zu Tage getreten, so dass hier weiter gegraben werden muss.“ Welche genau ließ er offen. Der AfD-Politiker hielt aber an seinem Antrag zur Änderung der Hauptsatzung fest, um einen Untersuchungsausschuss zum Fall einrichten zu können.
„Er kann in begrenzten Maße mehr Öffentlichkeit generieren und so zur Aufklärung beitragen“, formulierte er das Ziel. Vielleicht würden sich dann auch Nachbarn melden, die im Vorfeld das Amt informiert haben wollen.
Ausschuss gegen Ausschuss
Es ist allerdings unwahrscheinlich, dass ein Untersuchungsausschuss zustande kommt. Die übrigen Fraktionen teilten im Kreisausschuss die Auffassung der Verwaltung, dass dieses Instrument zwar in Parlamenten wie Land- und Bundestag möglich ist, nicht aber im Kreistag.
„Die Durchführung von Untersuchungen gehört nicht zu den Aufgaben der Kommunalvertretung“, sagte Kreistagschef Andrej Haufe. Wie Landrat Hartmut Handschak (parteilos) warb der CDU-Politiker dafür, die vorhandenen Gremien für Fragen zu nutzen: „Es wird nichts unter den Teppich gekehrt.“ (mz)