Weniger Altpapier im Landkreis Harz Weniger Altpapier im Landkreis Harz: Finanzielle Einbußen für Entsorgungswirtschaft

halberstadt/Quedlinburg - Immer weniger Altpapier und Pappe landen im Landkreis Harz in den blauen Tonnen. Während im Jahr 2005 noch knapp 18 000 Tonnen eingesammelt wurden, waren es im Jahr 2014 nur noch rund 16 000 Tonnen.
Rückgang wird finanzielles Problem
„Die Tendenz ist weiter rückläufig“, sagte Michael Dietze, Vorstand der landkreiseigenen Entsorgungswirtschaft (Enwi). Nicht nur der sinkende Papierverbrauch in den Haushalten sei dabei ein Grund, sondern auch „die Einflüsse durch gewerbliche und auch teilweise gemeinnützige Sammlungen“. Für die Enwi wird damit der Rückgang beim Altpapier vor allem ein finanzielles Problem. Denn gleichzeitig sinken die Preise für Altpapier - von 117 Euro pro Tonne im Jahr 2011 auf aktuell nur noch etwa 75 Euro. „Die Erlösseite ist schwankend, also auch von der inländischen sowie internationalen Marktsituation abhängig“, sagte er.
Die Altpapierentsorgung im Entsorgungsgebiet des Landkreises Harz erfolgt durch ein von der Enwi beauftragtes privates Entsorgungsunternehmen, welches nach EU-weiter Ausschreibung als wirtschaftlichster Bieter den Zuschlag erhielt. Enwi-eigene Behälter in der Größenordnung von 120, 240 und 1 100 Litern stehen für die Abholung von den Grundstücksgrenzen bzw. entsprechenden Bereitstellungsplätzen für dieses Holsystem zur Verfügung. Zusätzlich wurden für die Abgabe des Altpapiers im so genannten Bringsystem mehrere Wertstoffhöfe im Landkreis errichtet.
Zur Altpapiererfassung im Landkreis Harz sind alle an die kommunale Entsorgung angeschlossenen Grundstücke mit 2- und 4-Rad-Behältern für Altpapier ausgerüstet. Eigentümer dieser Behälter ist die Enwi. Den privaten Haushalten in Ein- und Mehrfamilienhaussiedlungen werden überwiegend 120- und/oder 240-Liter-Behälter bereitgestellt. Der Entleerungsrhythmus für diese Zwei-Rad-Behälter beträgt vier Wochen. Innerhalb von Großwohnanlagen und auch auf Grundstücken mit Altpapier aus anderen Herkunftsbereichen (Gewerbebetriebe, Gaststätten oder öffentliche Einrichtungen) haben sich laut Enwi die 1 100-Liter-Behälter bewährt. In den letzten Jahren ist eine Steigerung der Behälterzahl und damit des Gesamtvolumens zu verzeichnen. In verdichteten Wohngebieten und Kompaktbebauungen mit mehrgeschossigen Wohnblocks sind im Regelfall an den Stellplätzen für die Vier-Rad-Hausmüllcontainer (1 100 Liter) auch Vier-Rad-Behälter für Altpapier vorhanden. Die Entleerung der Vier-Rad-Behälter erfolgt im Regelfall wöchentlich.
Neben den privaten Haushalten sind auch teilweise Eigentümer von Grundstücken, die nicht ausschließlich Wohnzwecken dienen, an die kommunale Altpapierentsorgung angeschlossen. Jedoch besteht für die Erzeuger von Altpapier aus diesen so genannten anderen Herkunftsbereichen keine Überlassungspflicht, so dass ein Anschluss nur erfolgt, wenn dies von den Abfallerzeugern auch gewünscht ist. Für die Altpapiersammlung sind gegenwärtig im Landkreis Harz ca. 1 800 Stück 120-Liter-, ca. 89 000 Stück 240-Liter- und ca. 1 800 Stück 1 100 Liter- Behälter mit kindersicherer Einwurföffnung an den angeschlossenen Grundstücken aufgestellt.
Auf den gegenwärtig acht vorhandenen Wertstoffhöfen im Landkreis Harz, die von der Enwi oder von ihr beauftragten Dritten betrieben werden, kann Altpapier alternativ zur haushaltsnahen Entsorgung kostenlos abgegeben werden. Zur Altpapiererfassung auf den Wertstoffhöfen stehen - je nach Jahresaufkommen und Platzverhältnissen - Absetzcontainer mit Deckel oder Presscontainer zur Verfügung. Leerung/Wechsel der Container erfolgt nach Bedarf. (Quelle: Enwi)
Dietze verdeutlicht die Auswirkungen: „Jedes Kilogramm Altpapier, das von privaten Haushalten den gewerblichen Sammlern überlassen oder verkauft wird, reduziert für alle Bürger des Harzkreises die - noch - positive Kosten-Nutzen-Bilanz in diesem Bereich.“ Es bleibt also gegenwärtig bei der Enwi noch ein Überschuss, der komplett zur teilweisen Kompensation anderer abfallwirtschaftlicher Kosten eingesetzt wird. Soll heißen: Über den Verkauf des weniger werdenden Altpapiers können die Abfallgebühren nicht mehr im gleichen Maße subventioniert werden wie bisher. Am Ende drohten den Bürgern dann Gebührenerhöhungen.
Schaden für die Allgemeinheit
„So verständlich es ist, die private Kasse aufzubessern oder auch Defizite bei Betreuungseinrichtungen oder Schulen teilweise zu reduzieren, so erzeugt diese Nutzung gewerblicher Altpapiersammlungen zugleich einen Schaden für die Allgemeinheit“, betonte der Enwi-Vorstand. Die Entwicklung der Altpapiermengen nach unten konnte die Enwi etwas eindämmen, da sich durch ihre Öffentlichkeitsarbeit und Hinweise inzwischen sehr viele Gewerbebetriebe, Arztpraxen, diverse andere Unternehmen und auch öffentliche Einrichtungen an die Altpapiersammlung der Enwi angeschlossen haben.
Der Enwi-Vorstand weist auf ein weiteres Problem hin. Ihm sei von den Werbungen der gewerblichen Altpapiersammler bekannt, dass im Gegensatz zur Enwi-Sammlung nur Druckerzeugnisse, wie Zeitungen, Kataloge, Bücher, gewollt sind, also nur schwere Altpapier-Materialien. Diverse Verpackungen aus Pappe füllten dagegen nur das Sammelbehältnis, bringen damit kein Gewicht und würden von der Papierindustrie schlechter vergütet als Druckerzeugnisse.
Existieren gewerbliche Sammler?
Die kommunalen Entsorger, so auch die Enwi, empfinden dies deshalb als „Rosinenpickerei“ der gewerblichen Altpapiersammler. Mittlerweile haben beim Landesverwaltungsamt (LVwA ) zwölf private Unternehmen und vier gemeinnützige Sammler eine Erfassung von Altpapier im Landkreis Harz angezeigt. Weiterhin scheinen nach Beobachtung der Enwi im Landkreis gewerbliche Sammler zu existieren, die sich bisher noch nicht gemäß Kreislaufwirtschaftsgesetz beim Landesverwaltungsamt gemeldet haben, um ihre Tätigkeit dort anzuzeigen
Die Enwi fordert deswegen, dass vom Landesverwaltungsamt restriktiver mit der Genehmigung von Sammlern und Ankaufstellen umgegangen wird - und befindet sich somit mit der Landesbehörde in Halle im Rechtsstreit. Laut Kreislaufwirtschaftsgesetz, so die Interpretation der Enwi, darf es bei dem existierenden hochwertigen sowie haushaltsnahen Sammel- und Verwertungssystem neben der kommunalen Altpapiersammlung für private Haushalte im Harzkreis keine gewerbliche Sammlung für Altpapier aus Haushalten geben. (mz)