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Wahlkampf in Quedlinburg Wahlkampf in Quedlinburg: Angela Merkel bleibt im Pfeifkonzert unbeirrt

Von Hagen Eichler 27.08.2017, 19:07
Angela Merkel bei ihrer Rede in Quedlinburg
Angela Merkel bei ihrer Rede in Quedlinburg Jürgen Meusel

Quedlinburg - Den einzigen Patzer erlaubt sich die Band. Mit dem euphorischen WM-Kracher „Ein Hoch auf uns“ will die CDU-Wahlkampfcombo die Kanzlerin begrüßen, doch dann stolpert der Sänger zu früh in den Refrain. „Ich hab’s verkackt“, sagt er kleinlaut.

Sonst aber läuft in Quedlinburg alles nach dem üblichen Drehbuch: Angela Merkel betritt unter dem Jubel ihrer Fans den Marktplatz - und hinter den Metallabsperrungen beginnen drei Dutzend AfD-Anhänger mit ihrem Pfeifkonzert, das bis zum letzten Satz der Rede anhält.

„Ein paar Leute können nichts weiter als schreien, aber davon lassen wir uns nicht beirren“, sagt die CDU-Chefin unter Applaus. Danach ignoriert sie das schrille Trillern, die „Volksverräter“-Rufe, die über den Marktplatz hallen. Sie will sich als die unbeirrte Kraft der Mitte präsentieren, als Politikerin der Vernunft. Etwa beim Thema Diesel-Skandal: In der Automobilindustrie hätten „einige“ Fehler gemacht und müssten diese nun wiedergutmachen, sagt sie. Die gesamte Branche mit 800.000 Mitarbeitern aber sei für Deutschland unverzichtbar. „Und diejenigen, die sich in gutem Treu und Glauben ein Diesel-Auto gekauft haben, dürfen nicht mit Fahrverboten belegt werden.“

CDU-Wahlkampftournee in Quedlinburg

Routiniert spult die CDU-Chefin ihre Themen ab: Rückgang der Arbeitslosigkeit, Internetausbau, Familienförderung. Es ist der zwanzigste Auftritt ihrer Wahlkampftournee. Ihren SPD-Herausforderer Martin Schulz erwähnt sie mit keinem Wort, sie muss es nicht. Merkel dürfte die neuen Emnid-Zahlen schon kennen: Bei einer Direktwahl des Kanzlers würden sagenhafte 51 Prozent der Wähler für sie stimmen, nur 22 Prozent für Schulz.

Beim Thema Flüchtlinge geht die Wahlkämpferin Merkel auf Abstand zur Kanzlerin. Die Formel dafür ist seit Wochen erprobt: Erst gibt es Dank für jene, die 2015 angesichts der Flüchtlingskolonnen angepackt hätten. Das sei ein starkes Stück Deutschland gewesen, sagt Merkel. Aber: „Wir wissen natürlich, dass sich ein Jahr wie 2015 nicht wiederholen darf.“

Ihre eigene Entscheidung zur Grenzöffnung erwähnt sie nicht – stattdessen erklärt sie, wie ihre Politik den Zustrom nach Europa abgestellt habe: „Wir helfen vor Ort.“ Deutschland finanziere Flüchtlingslager in Jordanien und in der Türkei, damit sich die Menschen gar nicht erst auf den gefährlichen Weg machen müssten. Noch lauter gellen die Pfiffe der Flüchtlings-Gegner über den Markt. „Geh zu deinen Moslems“, steht auf dem Schild eines Demonstranten. Neben Merkel auf der Bühne bemühen sich die CDU-Honoratioren um stoische Mienen. CDU-Landeschef Thomas Webel kann seine Wut weniger gut verbergen. Aus Sehschlitzen starrt er die Störer an.

Angela Merkel am Dienstag in Bitterfeld-Wolfen

Rund 1.500 Menschen sind nach Schätzung der Polizei auf dem Quedlinburger Marktplatz, von 3.000 spricht die CDU. Lauten Beifall erhält Merkel, als sie die Vielfalt der deutschen Kultur lobt. „Wir sind stolz darauf, dass wir alle verschieden sind“, sagt sie und nennt Quedlinburg mit seinen Fachwerkhäusern „und Sachsen-Anhalt mit seiner romanischen Kultur“.

Schon am Dienstag kehrt die CDU-Chefin zurück ins Land, dann redet sie in Bitterfeld-Wolfen. Mit dem Auftritt in der AfD-Hochburg möchte die CDU ein Zeichen setzen. Die SPD eröffnet ihren Wahlkampf an diesem Montag mit einem Auftritt ihres Kandidaten Martin Schulz in Magdeburg. (mz)