Typisch Harz Typisch Harz: Bode-Bypass bringt Wasser

alTenbrak/MZ - „Unsere Hauptsaison geht von Ostern bis Weihnachten“, sagt Jörg Handschak. Der Chef der Forellenzucht in Altenbrak kann in dieser Jahreszeit etwas Luft holen, denn auch Fische halten eine Art Winterschlaf. „Sie nehmen bei Kälte nur wenig Futter auf.“ Das erleichtere derzeit die Arbeit, zumal nach dem Jahreswechsel auch der Verkauf zurückgehe. „Lediglich Wintertouristen, Feriengäste und einige Einheimische kommen noch.“
Das sieht im Sommer ganz anders aus, wenn bei schönem Wetter großer Andrang herrscht. „Auch Wanderer vom direkt vorbeiführenden Harzer Hexenstieg legen bei uns oft eine Rast ein“, erzählt der Chef von sechs Mitarbeitern. Sie betreuen auch die weiteren Aufzuchtanlagen in Susenburg, einem Ortsteil von Rübeland, sowie in den Teichen am Blankenburger Kloster Michaelstein.
Fisch aus Nordamerika
Vor allem frische oder geräucherte Regenbogenforellen, die ein ursprünglich aus Nordamerika stammen und seit Ende des 19. Jahrhunderts auch in Europa verbreitet sind, gehen über den Ladentisch oder werden an viele Gaststätten der Region geliefert. Eine besondere Beziehung pflegt Jörg Handschak auch zu den Angelvereinen. „Sie beziehen die Tiere zum Einsetzen in die Fischteiche“, erläutert er.
Die Färbung der Regenbogenforelle könne stark variieren, zwischen gräulich, bläulich oder dunkelgrün. „Der an den Seiten befindliche, leicht rötliche Streifen erinnert ein wenig an einen Regenbogen - daher stammt der Name“, ergänzt der frühere Betriebsleiter bei VEB Binnenfischerei Magdeburg.
Ein Schwarzwälder übernimmt
Die Zuchtanlagen wurden 1981 von Fachleuten als volkseigener Betrieb mit Sitz in Veckenstedt eröffnet. Bis zu 120 Tonnen Fisch im Jahr landeten in Läden und Gaststätten. „Der Einbruch kam 1990, als die plötzlich Abnehmer wegbrachen“, blickt Handschak zurück. Die Rettung sei ein Jahr später aus dem Schwarzwald gekommen, als Züchter Hans Zordel den Betrieb und die Fischexperten übernahm und Handschak weiterhin Chef der Harzer Forellenzucht blieb.
Regenbogenforellen könnten in Teichen besonders gut gezüchtet werden, weil sie besser als heimische Forellenarten auch höhere Wassertemperaturen vertragen.
„Ideal sind üblicherweise 8 bis 16 Grad Celsius für das Wachstum“, sagt der Fachmann. Deshalb gehe bei langen, kalten Wintern oder heißen Sommern auch weniger über den Tresen. „Erst wenn sie zwischen 400 und 450 Gramm wiegen, ist es soweit.“
EU-Zertifikat für Fischgesundheit
Zwischen 150 und 180 Tonnen Fisch sind es inzwischen, die als Bach-, Regenbogen- und Lachsforellen jährlich verkauft und verspeist werden. „Die Menge ist halt vom Wetter abhängig“, ergänzt der Chef und zieht Vergleiche zur Landwirtschaft.
Die Altenbraker legen großen Wert auf ihre hohe Qualität, die auch vom unbearbeiteten Wasser abhängig ist. „Die Bode hat fast Trinkwasserqualität.“ Deshalb sind sie auch stolz auf das EU-Zertifikat für Fischgesundheit. „Nur mit dieser Zulassung haben wir die Chance, auch von größeren Handelsketten gelistet zu werden“, blickt er bereits in die Zukunft.
Für die alte Wassermühle in Altenbrak, an die eine bis in die 1950-er Jahre betriebene Holzschleiferei angeschlossen war, wurde im 19. Jahrhundert von italienischen Gefangenen extra ein Tunnel durch den Berg geschlagen, um den Wasserdruck zu erhöhen. „Mit einem Generator erzeugen wir den Strom für unsere Anlagen“, erklärt der Geschäftsführer mit einem Lächeln. „Wir haben sogar noch rund 100 Kilowatt übrig, die wir ins Netz einspeisen. Aus dem Bypass kommt Naturwasser aus der Tiefe des Wendefurther Beckens und wird durch den Tunnel zusätzlich gekühlt.“
„Um bei uns keine Krankheiten einzuschleppen, werden nur geprüfte, etwa ein halbes bis dreiviertel Jahr alte Setzlinge verwendet“, sagt er. Bis zum Verkauf werde meist ein ganzes Jahr lang gefüttert. Das erfolge teil-automatisch, mit Behältern, die einmal täglich befüllt werden, erläutert Handschak. Dadurch müsse durchgehend gearbeitet werden. „Wir suchen noch einen geeigneten Lehrling, der zum Facharbeiter für Binnenfischerei ausgebildet wird“, bietet der Züchter eine Übernahme danach an.
Blick auf Becken mit Abstand
Heute ist das schöne Objekt zu einem attraktivem Ausflugsziel mit Imbiss und Verkauf ausgebaut worden, „sogar mit Parkplätzen für besonders bequeme Mitmenschen“, wie Handschak betont. „Die Besucher können mit gehörigem Abstand auch einen Blick in die 42 Aufzuchtbecken werfen“, haben der Chef und die Mitarbeiter keine Geheimnisse. „Nur näher heran geht aus hygienischen Gründen nicht.“ Einen Teil des Fischs holen sich Einheimische und Besucher sogar aus dem Wasser. An der Altenbraker Anlage können sie im Teich ihre Beute machen. „Aber nur die Besitzer eines Angelscheins“, verweist der Chef auf die Vorschriften.
Geheimnis der Lachsforelle
Handschak versäumt nicht, Aufklärung zur Lachsforelle zu betreiben. „Das sind Regenbogenforellen, die ausgewachsen und im höheren Alter speziell mit karotinhaltigem Futter aufgepeppt und dann etwa im Alter von drei Jahren als Lachforellen angeboten werden.“
Die ebenso mit dem Label „Typisch Harz“ ausgezeichneten Karpfen wachsen allerdings nicht in den Altenbraker Becken, sondern in den Teichen am Kloster Michaelstein bei Blankenburg auf. „Dort wird nebenan auch ein Fischrestaurant samt Hotel betrieben“, ergänzt Handschak.

