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Fledermäuse im Harz Tierschützer stoppen Beutezug dieser Jäger

Fledermausschützer sind derzeit im Harz verschiedenen Arten auf der Spur. Mit Fangnetzen unterbrechen sie den nächtlichen Flug der Tiere, um ihre Aktionsräume zu ermitteln. Drei Arten haben sie dabei besonders im Blick.

Von Rita Kunze 10.07.2024, 07:00
Beim Fledermaus-Camp am Teich bei Allrode wurden vier Kleinabendsegler entdeckt. Die Tiere fliegen mit einem Tempo bis zu 70 km/h.
Beim Fledermaus-Camp am Teich bei Allrode wurden vier Kleinabendsegler entdeckt. Die Tiere fliegen mit einem Tempo bis zu 70 km/h. Foto: Bernd Ohlendorf

Harzkreis/MZ. - Auf ihrem abendlichen Beutezug über einem Teich bei Allrode legen einige Zwergfledermausmännchen einen unfreiwilligen Zwischenstopp ein. Sie sind Bernd Ohlendorf ins Netz gegangen und protestieren heftig.

Im zweiten Fledermaus-Nationalpark-Camp hat der Vorsitzende des Arbeitskreises Fledermäuse Sachsen-Anhalt am Wochenende mit Teilnehmern aus ganz Deutschland an den Teichen bei und in Allrode hauchfeine Netze zwischen langen Angelruten gespannt: So will die Gruppe vor allem Kleinabendsegler, Nord- und Zweifarbfledermäuse aufspüren.

Fledermausschützer sind nachts mit Antennen in Harz-Orten unterwegs

Diese drei Arten stehen im Mittelpunkt der Fledermausuntersuchungen, die bis in den Oktober hinein durchgeführt werden, vor allem im Raum Elend, Schierke, Brocken und Ilsenburg im Nationalpark Harz. Es geht darum, die Aktionsräume der Tiere aufzunehmen und ihre Quartiere zu ermitteln. Dafür werden nicht nur Fangnetze gespannt. Die Tierschützer gehen nachts auch mit Antennen durch die Orte.

Kleinabendsegler und Zweifarbfledermaus sind akut durch Windkraftanlagen gefährdet.

Bernd Ohlendorf, Vorsitzender des Arbeitskreises Fledermäuse Sachsen-Anhalt

79 Exemplare konnten sie am Freitag und Samstag in Allrode registrieren. Darunter vier Kleinabendsegler, vier Nord- und drei Zweifarbfledermäuse. „Wir hatten auch einige Wiederfunde, so eine Wasserfledermaus aus Walbeck aus 33 Kilometer Entfernung“, stellt Bernd Ohlendorf fest. Bei weiteren Tieren werde gerade geprüft, woher sie kamen. „Ein besenderter Kleinabendsegler verriet im Luppbodetal, in einem Spechtloch in einer toten Eiche, sein Reproduktionsquartier.“

Am häufigsten gingen am Wochenende Zwergfledermäuse ins Netz: „Wir haben hier viele Wiesen und die Kahlschlagflächen, die eben nicht tot sind“, erklärt Bernd Ohlendorf. Die Vielzahl von Insekten beschert den Fledermäusen gerade eine reiche Beute. „In Allrode haben wir ungefähr 400, 500 Zwergfledermäuse. Die gehören auch in so einen Ort. Durch die Dorfteiche, Gartenteiche, die vielen Gärten, die gegossen werden, gibt es überall Mücken. Und die Zwergfledermäuse räumen auf.“

„Der Lerneffekt heißt Tod“

Fledermäuse sind neugierig, sagt Bernd Ohlendorf. Das kann ihnen zum Verhängnis werden, etwa bei Windkraftanlagen. Die Tiere werden durch die Konstruktionen angelockt, „weil sie warm sind, als Körper in der Landschaft stehen. Wenn Fledermäuse da vorbeifliegen, dann drehen die eine Runde und gucken, was ist denn das - und das war’s schon. Der Lerneffekt ist nicht da. Der Lerneffekt heißt Tod“, erklärt der Fledermausschützer, der sich gegen den Bau von Windenergieanlagen in Harzer Wäldern starkmacht: Er sieht die ohnehin schon gefährdeten Arten noch mehr in Gefahr. „Kleinabendsegler und Zweifarbfledermaus sind Langstreckenzieher und daher akut durch Windkraftanlagen gefährdet.“

Ende Juli, Anfang August beginnt der Zug der Fledermäuse. Wasserfledermaus-Weibchen und ihre Jungtiere werden beispielsweise ab dem 10. August im Harz erwartet. „Die kommen aus Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und dem Norden von Sachsen-Anhalt und fliegen in Richtung Felsquartiere.“ Solche Quartiere dienen als „Wochenstuben“, unter anderem auch im Mausoleum im Selketal bei Meisdorf.