Thale Thale: Das Harzeum bietet Wildtiere zum Anfassen

Thale/MZ - Auf so engem Raum versammelt, sind die Wildtiere des Harzes anderswo nicht zu erleben. Hoch oben über Thale, auf dem Hexentanzplatz, gibt es bereits seit 40 Jahren einen Tierpark, der die Vertreter der heimischen Fauna beherbergt. Jetzt ist ein zweites Angebot hinzu gekommen: Das Harzeum. Der Name klingt ungewöhnlich, verbindet Harz und Museum miteinander und ist zugleich Titel für ein besonders Projekt, das sich vor allem an Kinder und Familien richtet. Im Harzeum können nicht nur wie im Museum Tiere betrachtet werden. Hier bietet sich auch die Möglichkeit, beispielsweise Felle von Reh und Wildschwein in die Hand zu nehmen oder das Geweih eines Hirsches zu betasten und per Muskelkraft zu wiegen. Der Betreiber des privaten Museums, Michael Witzke, stützte sich bei der Einrichtung seiner Ausstellung auf die Erfahrungen, die er in seinem Heimat- und Wohnort Westeregeln gesammelt hat. „Jedes Jahr kamen Schulklassen oder Hortkinder in meine Werkstatt, und sahen mir über die Schulter. Die haben natürlich auch wissen wollen, wie sich so ein Geweih oder das Fell anfühlt“, erzählt er. Dieser Wunsch nach Begreifen im wahrsten Sinne des Wortes kann jetzt auch auf dem Hexentanzplatz erfüllt werden.
Das Erlebnismuseum von Witzke entstand an historischer Stelle. 1905 wurde hier in unmittelbarer Nachbarschaft von Bergtheater und Walpurgishalle die Walpurgisgaststätte errichtet. Im Jahr 2004 wurde das Haus, das zuvor einige Zeit leer stand, zweimal Opfer von Flammen. Ein Wiederaufbau als Gaststätte scheiterte. Schließlich geriet die Brandruine in das Blickfeld von Witzke, der schon seit längerem nach einem geeigneten Ausstellungsraum für seine Tierpräparate Ausschau hielt.
Mit etwas Schalk im Nacken formuliert der heute 42-Jährige das so: „In einem Anfall geistiger Umnachtung hatte ich die Idee, hier etwas zu bauen“. Als Kind war er wohl mal mit den Eltern in der damaligen Gaststätte gewesen. Doch es gibt keine Erinnerungen daran und auch sonst keine persönlichen Beweggründe für die Wahl des Harzeum-Ortes. Klar war lediglich, dass die Einrichtung in einem Touristen bereits bekannten Gebiet entstehen sollte. Im Mai 2012 erhielt Witzke Baurecht und legte los. Jede Menge Schutt musste beseitigt werden. Viele alte Steine wurden geborgen und für den Neuaufbau verwendet. Gut in Erinnerung ist dem Westeregelner noch der Tag des Richtfestes. „Das war Weihnachten und es lag Schnee. Wir haben trotzdem das Dach eingedeckt.“
Das neue Haus hat die gleichen Grundmaße wie die einstige Gaststätte. Mit Holzverkleidung und Spitzdach fügt es sich harmonisch in die Landschaft ein. Insgesamt verfügt Witzkes Museum über eine Ausstellungsfläche von 450 Quadratmetern. Darauf gibt es die Dauerausstellungen „Tierwelten“ und „Hexenzauber“ zu sehen. Ergänzt wird das Ganze durch einen Museumsshop.
Während „Tierwelten“ schon eine fast endgültige Form hat, soll der Hexenzauber noch erweitert werden. Im Gewölbekeller will sich Witzke dem Thema Hexen und Teufel mit viel Charme und Witz nähern, natürlich versehen mit „hochwissenschaftlichen“ Fragestellungen und Antworten. Zum Beispiel darauf, wie man eigentlich eine Hexe erkennt und ob man eventuell eine zu Hause hat. Gezeigt werden soll, wie die sagenumwobenen Gestalten aus ihren Eiern schlüpfen. Auch eine Ahnengalerie der Hexen, in der natürlich die slawische Baba Jaga nicht fehlen darf, ist in Arbeit. Wo, wenn nicht auf dem Hexentanzplatz, hat die Ausstellung ihre Berechtigung.
„Die Leute wollen unterhalten werden“, weiß der Museumsbetreiber und hat ein leichtes Zwinkern in den Augen. Wenn der Publikumszuspruch stimmt, will Witzke das Harzeum ganzjährig öffnen, also auch in den Wintermonaten. Momentan jedoch sind es eher Zufallsgäste, die im Museum begrüßt werden. Das ist sicher der Tatsache geschuldet, dass es bislang noch keinen Hinweis auf das Erlebnismuseum gibt. Die Wegweiser und Werbeschilder sollen in den nächsten Tagen und Wochen aufgestellt werden.
Jetzt, kurz nach der Eröffnung des Hauses, hat Witzke noch jede Menge zu tun. Die von im anvisierten Spezialführungen und Schaupräparationen sind daher noch nicht in großem Umfang möglich. Außerdem hat der Präparator aus Westeregeln auch viele Kundenwünsche zu erfüllen. Manchmal kann er beides – Präparation und Museumsarbeit – miteinander verbinden. Dann erleben die Zuschauer, wie unter seinen geschickten Händen aus den Hörnern und dem Fell eines Mufflons die Trophäe für den Jäger entsteht, der das Tier erlegt hat. Modelliermasse und lange Nadeln – ähnlich wie bei der Akupunktur – und natürlich viel Erfahrung helfen dabei. Sein Können hat Michael Witzke auch bei Europa- und Weltmeisterschaften unter Beweis gestellt. Die von ihm präparierte Plötze hat nur knapp die Bestwertung verfehlt. Doch bei seiner Arbeit geht es dem Mann aus dem Salzlandkreis nicht um Titel und Urkunden. „Ich habe einfach Freude daran“, sagt er. Und warum reicht es ihm nicht, Landbewohner zum Anschauen herzurichten? „Fische, wie die Plötze, sind schwer zu präparieren. Das ist der Reiz an der Sache.“ Die Plötze und etliche andere Vertreter der in Seen, Teichen, Flüssen und Bächen schwimmenden Tiere sind ebenfalls in der Ausstellung „Tierwelten“ zu sehen.
