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Sparpotentiale für Computer an Schulen ermittelt

Von ANDREAS BÜRKNER 20.11.2008, 16:19

BALLENSTEDT/MZ. - Anerkennendes Nicken der älteren und staunende Augen der jüngeren Zuhörer begleiteten den Vortrag und endeten schließlich in starkem Beifall des Publikums. Doch vorn stand kein Finanzexperte aus der Schulverwaltung, sondern ein Schüler der 12. Klasse ihres Gymnasiums, welcher auf knapp 60 Seiten beschriebene Sparpotentiale ermittelt hatte, die auch auf andere Institutionen weit über die Schulgrenzen hinaus übertragbar sind.

Während die Prüfungskommission diese "Besondere Lernleistung" des 18-Jährigen zu bewerten hatte und für die Präsentation die Höchstnote vergab, grübelten die Mitschüler, ob sie auch zu einer solchen Arbeit fähig gewesen wären. "Das Thema darf nicht zum üblichen Unterricht gehören", erläuterte Informatiklehrer und Aligs Fachbetreuer an der Schule, Werner Miethe, die Regeln. Seit zwei Jahren hatte der Straßberger deshalb in seiner Freizeit Fachliteratur gewälzt, im Internet recherchiert und Kontakte zu verschiedenen Anbietern aufgenommen. Besonders intensiv waren diese zu Ulf Laube, Inhaber einer Computerfirma in Bitterfeld, "der mich als Fachexperte außerhalb der Schule gewaltig unterstützt hat", ist ihm Alig dankbar.

"Besonders schwierig war das Sammeln von Fakten und spezieller Infos von Microsoft", fand Marcus, weil sich der Softwaremonopolist kaum in die Karten schauen lasse. Bereits mit acht Jahren habe er erste Erfahrungen mit Linux am Computer gesammelt, erzählte der Fan von japanischem Rock, und dabei kostengünstigere, weil frei verfügbare Software für sich entdeckt. Diese auch auf die Arbeit im Unterricht zu übertragen, sei sparsamer, war sein Ansatz, weshalb er kostenpflichtige, herstellerspezifische Angebote mit freien Downloads verglich. Neben Anschaffungs- und Lizenzkosten ermittelte er auch den Aufwand für einen Wechsel der Technik von Windows zu Linux im schulischen Computerkabinett und dem Büro der Schule oder sogar die Kosten für die Fortbildung der Lehrer.

Allein für die von ihm angenommenen nur 20 Benutzer kam der Hobbyfotograf und begeisterte Motorradfahrer so auf einen Spareffekt von etwa 25 000 Euro. "Ob es andere nutzen oder an unserer Schule umgesetzt wird, weiß ich nicht", hat er zumindest aber schon mal Beispiele für die Unterrichtsgestaltung mit der neuen Software dargestellt. In seiner knapp bemessenen Freizeit schreibt er inzwischen sogar Quelltexte für Computerprogramme kleinerer Firmen, "natürlich kostenlos", wie er für diese Freundschaftsdienste betont. "Auch die Familie hat mir bei meiner Arbeit sehr geholfen", gibt Marcus offen zu. Der Vater sei in der Elektrobranche tätig und die Mutter Ramona unterrichte Wirtschaft und Informatik am beruflichen Gymnasium in Sömmerda.

"Mit ihr zusammen entstand die Idee dazu schon in der 10. Klasse", blickte Klassenleiterin Heike Böttcher auf den Anfang zurück. Dank des Arbeitsortes von Marcus' Mutter sei dabei sogar ein reger Informationsaustausch über unterschiedliche Bildungsinhalte an den Schulen von Thüringen und Sachsen-Anhalt zustande gekommen, der auch die vielen anderen Schülerprojekte bereichere. Derzeit laufen diese über zwei Jahre unter anderem im CCC Harzgerode, dem Planetarium Aschersleben sowie den Firmen Wegener, Reuß oder Westermann in Ballenstedt und schließen mit Belegarbeiten und Präsentationen ab. An einer PowerPoint-Präsentation zur Umweltzertifizierung für Tonfunk Ermsleben wirkt auch Marcus Alig gemeinsam mit Richard Loch und Christoph Pape mit, doch das ist schon wieder eine andere Geschichte.