Simson-Treffen in Reinstedt Simson-Treffen in Reinstedt: 1.000 Zweirad-Fans kommen an den Harz-Ring

reinstedt/MZ. - In der Luft liegt längst vergessener Geruch von Zweitakt-Mischung und das altvertraute Geräusch startender Mopeds auf dem Schulhof. Das kann nur eines bedeuten: Auf dem Harz-Ring drehen Simson-Maschinen ihre Runden. Bereits zum 13. Mal trafen sich hier am Harz die Freunde der „Simmis“.
Vereinssprecher Jens Wenzel erinnert sich noch an die einen Tag dauernde Premiere. „Da zählten wir so 100 Teilnehmer.“ Am jüngsten Wochenende waren es etwa 1 000, die mit 700 Modellen das Gelände füllten. Nicht nur Schwalben in Pink zeugten davon, es sind nicht nur Nostalgiker, die als Gemeindeschwester damit über die Dörfer tourten, oder jene, die 15-jährig ihre Moped-Fleppe auf dem SR-2 machten. „Vom Rentner, der seinen Spatz liebevoll pflegt, bis zu Jugendlichen, die eine S50 tunen, alle Altersklassen sind dabei.“
Längst bauten die ersten Teilnehmer Zelte wie Wohnwagen bereits am Dienstag oder Donnerstag auf, auch wenn alles eigentlich erst am Freitagabend begann. Immer wieder treffen sich alte Bekannte. So stehen Zelt an Zelt die Stammgäste aus Rogätz und Sondershausen, die Zörbiger und Zwickauer, Gäste aus Grimma und Straubing. Die weiteste Anreise hatte wohl Tobias Müller. Der junge Mann mit der S70 kommt aus Erbach bei Ulm.
Warum man in der Ferne auf Simson steht? „Mein Vater hat eine Vertretung der Marke.“ Der Vereins-Boss des MSC Anhalt, Wolfgang Tiebe, lobt die Simmi-Freunde als familiäre Szene und freut sich, dass sie den Harz-Ring Jahr um Jahr bevölkern. „Einige Teilnehmer kamen einst als wilde Jugendliche, heute bauen sie hier ihr Zelt mit Frau und Kind auf.“
Die Simson-Modelle gelten bei Schraubern als „dankbares Gerüst“. Da rollt zum Beispiel eine Elektro-Schwalbe über den Parcours, die aufgebaut wurde, als der Elektro-Trend noch nicht angesagt war. Es müsse viel gebaut, geschliffen und getan werden, um einen 3,7-PS-Motor auf 26 PS zu tunen. So werden die Einzelstücke, die in der Abteilung „Show und Shine“ zu betrachten sind, wohl nur höchst selten auf der Straße zu sehen sein. Nicht nur, weil vergoldete Fußrasten zu schade für den Straßenverkehr sind oder der Zahnriemenantrieb keine Straßenzulassung besitzt.
Wahre Raritäten sind ein Simson-Fahrrad oder der Rasenmäher der Firma mit dem Namen „Fortschritt“. Jens Wenzel unterstreicht: „Bei dem Programmpunkt dreht sich alles ums Aussehen.“ So wird in den Boxen immer wieder poliert und gewischt.
Wenige Meter weiter erlebt der Besucher das krasse Gegenteil. Es bleibt nur zu erahnen, was da für Gerät auf der Strecke ist und wer in der Nostalgie-Rennkluft steckt. Beim legendären „Mudrace“ geht es auf den Modder-Rundkurs, den selten ein Fahrer mit seiner Maschine übersteht. Meterhoch spritzt der Lehm, der vorher kräftig gewässert und zerwühlt worden ist. Wie kriegt man das schlammverkrustete Gefährt hinterher nur wieder sauber? Das ist hier wohl die kleinste Frage.
Doch was tut man nicht alles für die Ehre und den 1. Preis, ein Fass Bier, der in den vergangenen drei Jahren immer nach Berlin entführt wurde? Beim Simson-Treffen läuft alles Schlag auf Schlag. Kaum haben sich die Schlamm-Crosser aus dem Matsch verabschiedet, heulen die Motoren zum Hillclimbing am Berg auf. Steil, steiler, unbezwingbar, denkt sich mancher Teilnehmer, wenn er die kurze Extremstrecke sieht und kommt ins Staunen, als er die kleinen Mopeds am Hang sieht.
Doch die Teilnehmer des Simson-Treffens zeigen, es muss bei ihnen nicht nur laut zugehen. Beim Motorenweitwurf oder –stemmen wird nur gejubelt, wenn Zylinder und Reifen auf Zeit gewechselt werden, ticken höchstens die Uhren oder gellen Anfeuerungsrufe.
„Wir denken uns jedes Jahr etwas Neues aus“, sagt Vereinssprecher Wenzel. Neben dem Sozius-Rennen auf dem Ring gibt es etwas für Simson-Verhältnisse Ungewohntes: ein Klapprad-Rennen. Rund 30 Teilnehmer gehen dabei an den Start. „Die Räder hatten wir früher eigentlich nur mit, um schnell und geräuschlos vom Zelt zum Klo zu kommen“, gesteht ein Teilnehmer grinsend.