Selketalbahn Selketalbahn: Bahn dampft wieder durch

strassberg/MZ - Es ist geschafft: Exakt 30 Jahre nach der Wiedereröffnung des Selketalbahn-Abschnitts zwischen Straßberg und Stiege wurde die Strecke nun erneut wiedereröffnet. Nach Beendigung der rund vierwöchigen baubedingten Vollsperrung, in deren Zusammenhang unter anderem drei Brücken erneuert wurden, verkehren die Züge der Selketalbahn nun wieder fahrplanmäßig. Ebenfalls wurde die Vollsperrung auf der Harzquerbahn zwischen Ilfeld-Neanderklinik und Drei Annen Hohne wieder aufgehoben, so dass der Zugverkehr auf dem kompletten Netz der Harzer Schmalspurbahnen (HSB) wieder planmäßig rollt.
Am 30. November 1983 wurde mit einer Sonderzugfahrt der 13,5 Kilometer lange Streckenabschnitt der Selketalbahn zwischen Stiege und Straßberg feierlich wiedereröffnet. Das Schmalspurbahnnetz im Harz war durch dieses besondere historische Ereignis nach rund 38 Jahren wieder durchgängig befahrbar. Durch den reparationsbedingten Abbau der Gleisanlagen nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges lag die Strecke zwischen beiden Bahnhöfen von 1946 bis 1983 im Dornröschenschlaf.
Doch wie kam es dazu? Die Folgen des Zweiten Weltkrieges waren für die Gernrode-Harzgeroder Eisenbahn (GHE) als damaligem Eigentümer und Betreiber der Selketalbahn enorm. Im Zuge von Reparationsleistungen wurden im Jahr 1946 nicht nur fast alle Fahrzeuge abtransportiert, sondern auch die Gleisanlagen nahezu vollständig abgebaut.
Wirtschaftliche Erwägungen führten kurz nach dem Abbau jedoch zu einem raschen Umdenken. Eine geregelte Abfuhr des bei Straßberg (bis 1952 Lindenberg) gewonnenen Flussspats erschien seinerzeit nur per Bahn durchführbar, so dass bereits 1946 mit dem zügigen Wiederaufbau der Gleisanlagen begonnen wurde. Zwischen 1947 und 1950 gingen dann nach und nach wieder alle Streckenabschnitte in Betrieb. Zwischenzeitlich übernahm die Deutsche Reichsbahn am 1. April 1949 die Betriebsführung auf der Selketalbahn. Der 13,5 km lange Abschnitt zwischen Stiege und Straßberg blieb jedoch für die nachfolgenden Jahrzehnte ohne Gleise, da ein Wiederaufbau zum damaligen Zeitpunkt nicht sinnvoll erschien.
Erst im Zusammenhang mit der Erklärung des Ministeriums für Verkehrswesen der DDR am 5. September 1972 zum Erhalt der Schmalspurbahnen im Harz – und damit auch der Selketalbahn – kam die Entscheidung zum Wiederaufbau des Abschnitts. Letzten Endes waren es aber auch volkswirtschaftliche Gründe, welche die Reaktivierung begünstigten. In Silberhütte war zu Beginn der 1980er Jahre der Bau eines Heizkraftwerkes zur Versorgung der dortigen pyrotechnischen Industrie geplant, und die dafür entsprechend benötigte Braunkohle sollte von Nordhausen aus per Bahn angeliefert werden.
Und so begannen im Frühjahr 1981 die ersten Rodungsarbeiten auf dem teilweise fast völlig zugewachsenen Bahndamm. Der rasche Wiederaufbau der Gleisanlagen folgte in nur knapp zwei Jahren, und am 30. November 1983 war es dann schließlich so weit: Nach rund 38 Jahren fand die erste offizielle Zugfahrt auf dem reaktivierten Abschnitt statt. Bei starkem Schneetreiben war es die Dampflok 99 59 03 (Baujahr 1898), die ihren mit zahlreichen Ehrengästen besetzten Dampfsonderzug von Stiege nach Straßberg brachte.
Damit war das Schmalspurnetz im Harz wieder durchgängig befahrbar. Die offizielle Aufnahme des Güterverkehrs erfolgte am 12. Februar 1984, nachdem das Heizkraftwerk in Silberhütte in Betrieb gegangen und die entsprechende Anschlussbahn fertiggestellt worden war. Der Personenverkehr folgte dann am 3. Juni 1984. Dieses Ereignis soll im kommenden Jahr - nach 30 Jahren also - von den Harzer Schmalspurbahnen noch entsprechend gewürdigt werden.