1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Quedlinburg
  6. >
  7. Radlader-Bande vor Gericht: Radlader-Bande vor Gericht: Kaufland bleibt verschont

Radlader-Bande vor Gericht Radlader-Bande vor Gericht: Kaufland bleibt verschont

Von Andreas Bürkner 20.07.2015, 16:19
Die Bankfiliale Königerode wurde am 5. Juni 2014 überfallen.
Die Bankfiliale Königerode wurde am 5. Juni 2014 überfallen. Wohlfeld Lizenz

Schielo/Magdeburg - Erst die Polizei hat den dreisten Attacken der sogenannten „Radlader-Bande“ ein Ende bereitet. Drei Überfälle auf einen Baumarkt sowie in zwei Bankfilialen (siehe Rahmen) werden den sechs der sieben Mitglieder derzeit am Landgericht Magdeburg zur Last gelegt. Das Verfahren gegen den Sohn des Bandenchefs wurde abgetrennt.

Von allein aufhören wollte der 57-jährige Anführer allerdings nicht. Er hatte bereits fleißig den nächsten Überfall ausgearbeitet. „Da war alles bis ins Kleinste vorbereitet und abgestimmt“, berichtete der ermittelnde Kriminalist vor Gericht als Zeuge. Er nannte auch Details von den Vorbereitungen und das Ziel. Ebenso wusste die Polizei von der Herkunft des Fluchtfahrtzeugs.

„Der Kaufland-Einkaufsmarkt in Quedlinburg sollte an einem Feiertag vor Weihnachten nach dem verstärkten Einkauf davor um die Einnahmen erleichtert werden“, sagte der Ermittler. Anhand von Gesprächen zwischen den Bandenmitgliedern machte die Polizei den Reformationstag als möglichen Termin aus. Dass es schließlich doch nicht zum Überfall kam, war nach Aussage des Beamten nur dem Umstand geschuldet, dass einer der Beteiligten krank geworden sei. „Der geplante Termin wurde zunächst nach hinten verschoben und später abgesagt.“ Der Polizei war inzwischen auch bekannt, dass sich dafür der Hausmeister des Marktes von der Bande hatte anwerben lassen.

Befragt, wie die Sondergruppe „Schaufel“ der Kripo auf die Spur der Bande gekommen sei, nannte der Beamte nach dem Fund des Tresors in einem Waldstück bei Neudorf schriftliche Daten des 52-jährigen Baumaschinisten. „Dessen Telefon wurde danach ebenso überwacht wie gleiche Geräte, die an mehreren Tatorten während der Handlungen eingeloggt waren.“ „Das waren neben den drei Städten bzw. Dörfern der Überfälle auch die Orte, an denen beispielsweise Tatfahrzeuge gestohlen oder der erste Tresor entsorgt wurden“, zählte der Kriminalist auf.

Ermittler hörten alles mit

Von dieser Zeit an, aber erst nach den drei Überfällen, hörten die Ermittler nun alles mit - und manch Erstaunliches. Als beispielsweise der Baggerfahrer aus der Clique aussteigen wollte, weil er bereits die Polizei auf seinen Spuren wähnte, handelte der Bandenchef aus Schielo kurzerhand.

Unter falschem Namen rief er einfach beim Arbeitgeber des Radladerfahrers an. Er beschuldigte den Mitarbeiter anonym des Diebstahls. „Er sollte dadurch arbeitslos werden, damit er Geld braucht und weiter mitmacht“, begründete der Kriminalist den Anruf.

Erst während der Telefonüberwachung geriet auch der Öffner der Tresore und des Geldautomaten ins Visier der Polizei. „Bis dahin gingen wir nur von sechs Tatbeteiligten aus“, erklärte das Mitglied der Ermittlergruppe. Doch plötzlich spielte der 53-Jährige auch eine wichtige Rolle.

Wie er bereits am zweiten Prozesstag gestand, hatte er nicht nur den Zugang zur Beute geschaffen, sondern auch noch für das Vergraben des zweiten Tresors auf seinem Grundstück und in einer Quedlinburger Sandgrube gesorgt, in der er arbeitete. Wie die 44-jährige Frau des Bandenchefs ist der Harzgeröder bisher noch nicht aktenkundig geworden. Das gilt nicht für die anderen vier Angeklagten, die bereits wegen diverser Vergehen mit dem Gesetz in Konflikt gerieten. Richter Dirk Sternberg zitierte umfangreich aus den Aktenbergen.

Vorher alles ausspionieren

Vor dem ersten Überfall schickte der Bandenchef noch den Transporterfahrer in den Baumarkt, um einen Kredit zu beantragen. „Dabei sollte ich im Büro den Platz des Tresors ausspionieren“, gibt der 25-Jährige zu. Der Leiterin des Baumarktes, die ebenfalls als Zeugin geladen war, fiel diese Vorbereitung überhaupt nicht auf. Erst jetzt, als sie auf Nachfrage des Gerichts an ihrem Arbeitsort nochmals die alten Unterlagen nach den Namen der Bandenmitglieder durchforstete, fiel ihr der Kreditantrag für ein Garten-Holzhaus über 1.333,05 Euro in die Hände. Genehmigt wurde der Kredit aber nicht.

Der Prozess wird am Mittwoch fortgesetzt. Ob das Ehepaar noch aussagt, bleibt offen. Bisher hatte es sich lediglich über die Verteidiger zu einigen Dingen eingelassen, aber nicht zu einer der Hauptfragen: Wo ist das Geld?

Glaubt das Gericht den eher mit geringen Beträgen bedachten Komplizen, fehlt noch ein größerer Teil. Trotzdem deutete der Richter für Mittwoch an: „Möglicherweise werden dann auch schon die ersten Urteile gefällt.“ (mz)