Quedlinburg Quedlinburg: Wordgarten wird sauber
Quedlinburg/MZ. - "Wir waren auch schon mal noch weniger", ist die Chefin des Bauhofs, Kerstin Held, sichtlich ernüchtert. Insgesamt waren der Einladung zum Arbeitseinsatz rund um den Spielplatz am Wordgarten zehn Aktive gefolgt. Darunter, wie in jedem Jahr, Oberbürgermeister Eberhard Brecht (SPD) sowie zwei Mitarbeiter des Quedlinburger Bauhofs. Dessen Chefin war trotzdem erfreut, unter den Unermüdlichen auch wieder ein paar neue Gesichter ausgemacht zu haben: "Ich freue mich über jeden, der kommt." Erfreut zeigte sich auch der Oberbürgermeister: "Auch wenn wir nicht Hunderte sind, ist es schön, dass Sie sich an ihrem freien Sonnabend die Zeit genommen haben, etwas für die Sauberkeit der Stadt zu tun. Ich bedanke mich, stellvertretend für alle anderen Bürger." Brecht räumte ein, dass die Größe der Gruppe der zu beräumenden Fläche angemessen ist: "Wäre der Einsatz am bereits gereinigten Bode-Ufer erfolgt, hätten wir in dieser Zusammensetzung Probleme gehabt."
Begonnen wurde allerdings schon zu früher Stunde, nämlich am Sonnabend um 9 Uhr. Da dürften viele entweder noch gefrühstückt oder sogar noch "in den Federn" gelegen haben. Erst recht, da das Wetter mit böigem Wind alles andere als berauschend war und zudem auch noch Nieselregen einsetzte. Doch davon ließen sich die Beteiligten nicht beeindrucken und rückten dem Unrat zu Leibe. Etliche Glasflaschen, Rasierklingen, Werbeprospekte, Plastiktüten und Scherben fanden sich weniger auf dem Spielplatz selbst, als vielmehr ringsherum in den Sträuchern. Von den unsäglichen Hinterlassenschaften der gerade im Wordgarten gern ausgeführten Hunde ganz zu schweigen. So sollte es denn auch nicht lange dauern, bis der Transporter des Bauhofs krachend voll beladen war.
"Eigentlich machen wir solche Einsätze schon seit 14 Jahren, allerdings in unterschiedlicher Besetzung. Ausschlaggebend war, dass wir hin und wieder von Einheimischen wie Touristen auf die mangelnde Sauberkeit hin angesprochen werden", sagte Kerstin Held. Offenbar sei einigen Mitbürgern egal, wenn sie ihre Abfälle einfach dort zurücklassen, wo sie sich gerade aufhalten. Die kleine Mühe, den nahen Papierkorb aufzusuchen, gelte bei ihnen scheinbar als "uncool". Held merkte allerdings auch an, dass viele Flächen, die früher gereinigt wurden, der Stadt längst nicht mehr gehörten. Dazu zähle beispielsweise der Johannishain. Etliche Eigentümer würden ihrer Pflicht zur Reinhaltung aber nicht angemessen oder nie nachkommen. Touristen können das aber nicht unterscheiden und so fallen Dreckecken stets auf die Stadt im Allgemeinen und den Bauhof im Besonderen zurück. Der Wordgarten werde mehrmals wöchentlich gereinigt, so Held. Und dieser wäre bei besserem Wetter wohl auch an diesem Wochenende noch deutlich verschmutzter gewesen, ist sie sich ganz sicher: "Das ist ein beliebter Treffpunkt von Jugendlichen. Hier finden regelrechte Partys statt. Danach erkennen wir manchmal unsere Grünanlagen nicht wieder."
Unter den Aktiven waren auch Ullrich Löbert (70) und dessen Ehefrau Sylvia (65). Sie sind erst im November 2011 nach Quedlinburg gezogen. Er hatte die Stadt 1961, kurz vor dem Mauerbau, verlassen und wohnte seitdem in Hannover. Beide sparten bezüglich der Sauberkeit nicht mit Kritik. Die aus den Niederlanden stammende Sylvia Löbert: "Wir sind ja gewissermaßen Neu-Quedlinburger. Aber was die Sauberkeit anbetrifft, sind wir wirklich entsetzt. Uns wundert das sehr, auch die geringe Resonanz auf so einen Aufruf hin." Wenn die Bürger so wenig an ihrer Stadt interessiert seien, solle man sich nicht wundern, wie es hier weitergehe: "Mal ein, zwei Stunden seiner Freizeit zu opfern, ist doch nicht zu viel verlangt!" Quedlinburg biete, die Sauberkeit betreffend, ein trauriges Bild als Touristenstadt, so die 65-Jährige. Deren Mann, der in der Welterbestadt aufwuchs, pflichtete ihr bei: "Das ist ein ausgesprochen schönes Städtchen, um seinen Lebensabend zu verbringen. Hier ist jeder Tag wie ein Ferientag. Aber gerade deswegen können wir absolut nicht verstehen, warum es hier nicht sauberer aussieht. Ich denke bei jedem Stück Papier, das ich hier sehe, was es wohl für einen Eindruck auf die Touristen macht."
Übrigens: Beide hätten auch keinen gesonderten Aufruf zum Arbeitseinsatz gebraucht: "Wir sammeln auch beim Spaziergang schon mal Müll auf, wenn uns etwas stört - leider viel zu oft!"