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Quedlinburg Quedlinburg: Bahnhof zu verkaufen

Von Detlef Horenburg 06.06.2014, 17:30
Steht zum Verkauf: der Quedlinburger Bahnhof
Steht zum Verkauf: der Quedlinburger Bahnhof chris wohlfeld Lizenz

Quedlinburg/MZ - Die ärgerlichen Zustände am Bahnhof in Quedlinburg könnten bald der Vergangenheit angehören. Das historische Bahnhofsgebäude steht auf der Online-Grundstücksplattform Immowelt.de zum Verkauf. Der Eigentümer, die Immobiliengesellschaft Patron Capital aus Luxemburg, möchte dafür allerdings 470 000 Euro haben.

Nicht nur das Umfeld - wie der marode Bahnsteig 1, Ruinen und eine dreckige, feuchte Unterführung - sorgt bislang für Unmut bei den Quedlinburgern und den Reisenden. Auch die fehlenden öffentlichen Toiletten erweisen sich als Dauer-Ärgernis. Manche Reisenden nutzen das Bahnhofsgelände und die Unterführung, um sich zu erleichtern. Der luxemburgische Eigentümer zeigte bisher trotz mehrfacher Aufforderung durch die Stadt kein Interesse daran, die unhaltbare Situation zu verändern.

Stadtrat fordert öffentliche Toilette

Im März dieses Jahres hat sich auch der Stadtrat in das anrüchige Problem eingeschaltet. Auf dem Bahnhof soll schnellstens eine öffentliche Toilette gebaut werden - das haben die Ratsmitglieder auf Antrag der SPD einstimmig gefordert und Oberbürgermeister Eberhard Brecht (SPD) beauftragt, sich „mit allen Partnern“ dafür einzusetzen. Außerdem soll er sich für die Errichtung von Gepäckschließfächern und den generellen Ausbau des ungepflegten Bahnhofs im Bereich des Tunnels und des Bahnsteigs 1 durch die Deutsche Bahn AG noch in diesem Jahr einsetzen.

Mit dem Online-Verkaufsangebot öffnet sich jetzt die Möglichkeit für die Welterbestadt, die Fehler aus der Vergangenheit zu korrigieren: Die Stadt könnte von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch machen - und den Bahnhof beispielsweise ihren Tochter-Unternehmen, wie der Wohnungswirtschaft oder den Stadtwerken, zur Bewirtschaftung übertragen.

Verhaltenes Interesse für das Grundstück

Das 4 230 Quadratmeter große Grundstück steht noch zum Verkauf, erklärte Grundstücksmaklerin Corinna Hagen am Freitag. „Es gibt bisher verhaltenes Interesse“, sagte sie. Zu den Interessenten gehört auch die Friedel Leinemann Automaten GmbH. Die Firma betreibt seit 1992 im Bahnhofsgebäude eine Spielhalle. „Wir haben weiterhin Interesse, den Bahnhof zu kaufen“, sagte Geschäftsführer Friedrich Leinemann auf Anfrage der MZ. Seine Firma bekam damals nicht den Zuschlag zum Erwerb des denkmalgeschützten Gebäudekomplexes.

Im Förderprogramm Revita können durch das Land Sachsen-Anhalt anteilig Zuwendungen für die Revitalisierung von Bahnhofsgebäuden gewährt werden, die sich in einem unansehnlichen Zustand befinden bzw. leer stehen, um den Service und die Aufenthaltsqualität für die Reisenden zu verbessern und die Attraktivität des öffentlichen Personennahverkehrs generell zu erhöhen.

Das Programm stellt die Entwicklung und Umsetzung von zukunftsträchtigen Bewirtschaftungs- und Nutzungskonzepten in den Mittelpunkt, die die Wiederbelebung von Bahnhofsgebäuden und deren Umfelder zum Inhalt haben. Die Förderung bezieht sich auf planerische und bauliche Maßnahmen im Sinne der beschriebenen Zielsetzung. 

In Eisleben hat sich sogar eine Bahnhofsgenossenschaft aus Sponsoren gebildet, um den dortigen leer stehenden Bahnhof zu erwerben und zu sanieren. Die landeseigene Nahverkehrsservice Sachsen-Anhalt GmbH (Nasa) stellt dafür 820 000 Euro in den nächsten drei Jahren zur Verfügung. Das Geld stammt aus dem Landesförderprogramm Revita. Davon könnte auch Quedlinburg langfristig gesehen profitieren, sagt Peter Panitz, Abteilungsleiter Verkehrsplanung und Qualitätsmanagement bei der Nasa. Allein zwei Millionen Euro hat die Nasa übrigens in die zweieinhalb Millionen Euro teure Sanierung des historischen Bahnhofs in Thale investiert, der seit Oktober vergangenen Jahres in alter, neuer Schönheit erstrahlt. Eigentümer ist die Stadt Thale, die den Komplex an die städtische Bodetal Tourismus GmbH verpachtet hat.

Stadt kann sich Bahnhof nicht leisten

Doch dies sieht man im Quedlinburger Rathaus nicht so: „Den Bahnhof zu kaufen, dazu ist die Stadt Quedlinburg aufgrund ihrer Haushaltsnotlage aktuell nicht in der Lage“, heißt es in der Antwort der Stadt auf Anfrage der MZ. Viel wichtiger sei es, dass der geplante Ausbau des Bahnhofs im Bereich des Bahnsteigs 1 und des Tunnels möglichst zeitnah erfolge. Hier sei die Stadtverwaltung im Kontakt mit der Deutschen Bahn. „Der Bahnsteig 1 soll nutzerfreundlich und denkmalgerecht ausgebaut werden. Auch der barrierefreie Ausbau des Tunnels als Übergang zu den Gleisen 2 und 3 ist vorgesehen“, hieß es. Wann „zeitnah“ allerdings sein wird, steht in den Sternen. „Wir befinden uns aktuell noch in der Planungsphase“, sagt Erika Poschke-Frost von der Pressestelle der Deutschen Bahn in Leipzig.