Quedlinburg Quedlinburg: 100 Jahre für schöne Schöpfe
Quedlinburg/MZ. - Scheren, Kamm, Lockenwickler oder Fön sind am Mittwoch im Friseursalon i-Punkt in der Schmalen Straße unbenutzt geblieben: Gemeinsam mit vielen Kunden, Geschäftspartnern und Gästen hat Quedlinburgs ältester, durchgängig privat und inzwischen in vierter Familiengeneration geführter Friseursalon sein 100-jähriges Bestehen gefeiert. Zu den Gratulanten, die Inhaberin Irina Kraus-Wagentrotz und ihrer Mutter Ilka Kraus, welche den Salon zuvor geführt hatte, Glückwünsche überbrachten, gehörten auch Vertreter der Kreishandwerkerschaft, der Innung und Oberbürgermeister Eberhard Brecht (SPD).
Den Grundstein für die lange Tradition legte Wilhelm Preuße, der Urgroßvater der heutigen Inhaberin. Der Friseurmeister eröffnete am 7. März 1912 in der Schmalen Straße 45 sein Damen- und Herren-Friseur-Geschäft. 1919 erwarb er das gegenüber liegende Wohnhaus Schmale Straße 19 und baute das Erdgeschoss zum Salon um. Bis 1954 führte er sein Geschäft, immer aufgeschlossen für Neues und sehr aktiv in der Friseurinnung, in der er auch der Innungsmeister war. Dann gab er das Geschäft in die Hände seiner Tochter, Ingeborg Peine, die ebenfalls den Friseurberuf erlernt und 1949 ihren Meisterbrief erworben hatte.
Sie leitete den Salon, in welchem sich nun auf das Frisieren von Damen konzentriert wurde, in sich stark verändernden Zeiten. Ganz besonderer Antrieb war für Ingeborg Peine stets die Pflicht, das Erbe des Vaters fortzuführen, erinnert sich Tochter Ilka Kraus. So widerstand sie dem Druck, ihr Geschäft in eine Produktionsgenossenschaft des Handwerks zu geben und schloss, als der Druck am größten wurde, ihren Salon, um diesen umfassend zu modernisieren und in der Zwischenzeit in einem eigens eingerichteten Ausweichsalon weiter zu arbeiten. Auch Ilka Kraus, die von Kindheit an das Geschäft "zum Anfassen nah" erlebt hatte, stellte sich in den Dienst der Familientradition: Nach dem Abitur vor der Frage Studium oder Geschäft stehend, entschied sie sich, den Beruf einer Friseurin zu erlernen. Sie absolvierte die Meisterausbildung, die sie 1972 erfolgreich abschloss, und arbeitete dann mit ihrer Mutter gemeinsam im mütterlichen Salon, bis sie diesen nach der Wende übernahm.
Der Tradition folgend, investierte Ilka Kraus nach der Übernahme in das Geschäft, modernisierte und eröffnete den Salon im März 1991 mit neuer Ausstattung, dem neuen Namen i-Punkt und einem Angebot, welches sich nun wieder an Damen und Herren richtete. Auch ihre Tochter Irina Kraus-Wagentrotz entschied sich nach dem Abi-tur, in die Fußstapfen von Urgroßvater, Großmutter und Mutter zu treten. Sie absolvierte eine Ausbildung im Geschäft ihrer Mutter, kurze Zeit später die Meisterschule und brachte beispielsweise die Idee ein, das Angebot des Salons durch Nageldesign zu erweitern.
Im Jahr 2009 übernahm Irina Kraus-Wagentrotz den Salon - und investierte ebenfalls in eine umfassende Modernisierung. "Es war die größte Investition, die der Salon in seinem Bestehen erfahren hat", sagt Ilka Kraus, die, wie sie sagt, ihre Tochter für deren Weitsicht, Mut und Fleiß bewundert. Wichtig war ihr aber, dass die Entscheidung, die Familientradition fortzuführen, eine freie war. Denn: "Es ist ein sehr harter Beruf", so Ilka Kraus.
Für Irina Kraus-Wagentrotz ist diese Familientradition, die zu bewahren und fortzuführen ist, Lust und keine Last. "Es ist natürlich schon eine enorme Verantwortung, die man trägt", räumt sie ein. Doch auch sie ist mit dem Salon aufgewachsen, "das hat immer unser Leben bestimmt". Gemeinsam mit ihren vier Mitarbeiterinnen ist es ihr wichtig zu zeigen, dass "wir sehr persönlich sind, einfach unser Handwerk lieben, beständig sind und uns trotzdem weiterentwickeln, nicht stehen bleiben", sagt die 34-Jährige. Und besonders wichtig ist ihr auch "das familiäre Ambiente, das freundschaftliche Verhältnis zu unseren Kunden".