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Prozess um Radlader-Bande Prozess um Radlader-Bande: Angeklagte kündigen Aussagen an

Von Andreas Bürkner 03.07.2015, 09:32
Aufräumen nach dem Einbruch in einem Baumarkt in Gernrode.
Aufräumen nach dem Einbruch in einem Baumarkt in Gernrode. Archiv/Wohlfeld Lizenz

Harzgerode/Magdeburg - Die einzige Frau unter den sieben mutmaßlichen Mitgliedern der „Radlader-Bande“ verbirgt ihr Gesicht hinter einem Aktenordner. Die anderen sind meist in intensive Gespräche mit ihren Verteidigern verwickelt, während sich Staatsanwalt Klaus Bleuel auf seine Anklage vorbereitet.

Knapp ein halbes Jahr nach der Festnahme hat am Freitag am Landgericht in Magdeburg der Prozess gegen sechs der sieben mutmaßlichen Bandenmitglieder begonnen. „Gegen Kevin K. (alle Namen geändert), Sohn des Bandenkopfes Peter K., wird wegen seines Alters und der geringeren Schuld abgetrennt am Amtsgericht verhandelt“, erklärt Bleuel am Rande.

Diebe wollten finanzielle Probleme lösen

„Sie haben sich zu einer Bande zusammengetan, um mit Überfällen ihre finanziellen Probleme zu lösen“, wirft der Staatsanwalt den Angeklagten vor. Jeder habe dabei spezielle Aufgaben übernommen und sei unterschiedlich beteiligt gewesen.

Als Kopf der Bande macht die Anklage den 58-Jährigen Peter K. aus dem Harzgeröder Ortsteil Schielo aus. „Er hat die Ziele ausgesucht, das Umfeld sondiert und den Ablauf geplant.“ Auch dessen Ehefrau Sabine K. war beteiligt, sie soll laut Staatsanwalt zudem jeweils die Beute aufgeteilt haben.

Der 52-jährige Dieter U., der als einziger der Angeklagten einer geregelten Arbeit nachging und bereits 2009 zu einer Bewährungsstrafe verurteilt wurde, soll mittels eines Universalschlüssels die Radlader von den Baustellen gestohlen haben. Er hat die Fahrzeuge laut Anklage von Wilsleben bzw. Neuplatendorf zu den bis zu 40 Kilometern entfernten Tatorten gefahren. Dort sollen sie zum Einreißen von Mauern und Wänden sowie zum Verladen der Tresore auf den mitgebrachten Kleintransporter genutzt worden sein, den wiederum Marko G. fuhr. Vor allem Zeugen, die den Radlader-Fahrer auf den Touren ab Wilsleben und Neuplatendorf sahen und teilweise sehr genau beschreiben konnten, führten die Polizei zu dem Nachterstedter. Er wurde als erster festgenommen. Sein umfangreiches Geständnis bestätigte die Ermittlungsergebnisse der Kriminalisten und sorgte für die Ergreifung der anderen Angeklagten.

Während der Bandenchef nach seiner Einweisung der Komplizen vor den Überfällen anschließend gemeinsam mit Frau und Sohn Schmiere gestanden haben soll, hätten Heinz L. und zuletzt Thomas W. gemeinsam mit dem Radlader- und dem Transporter-Fahrer die Einbrüche ausgeführt.

Angeklagt sind drei Überfälle, bei der jeweils ein Radlader oder Bagger verwendet wurde, daher der Name. Die Sonderkommission der Polizei nannte sich „Schaufel“.

Das erste Ziel der Bande war am 17. April 2014 der Hagebaumarkt in Gernrode. Die Beute im Tresor betrug rund 24.000 Euro, der Sachschaden etwa 99.000 Euro. Mit dem von einer Baustelle im Dorf gestohlenen Radlader schlugen die Räuber am 5. Juni in der Filiale der Volksbank Halle in Königerode zu. Dabei wurden rund 34.000 Euro erbeutet und ein Schaden von rund 88.000 Euro verursacht.

Aus dem Geldautomaten der Ostharzer Volksbank-Filiale in Harzgerode erbeuteten die Räuber rund 115.000 Euro, der Sachschaden summierte sich auf rund 150.000 Euro.

Dabei seien die Radlader nach der Tat stehen geblieben und die Geldschränke jeweils zu Höfen der Angeklagten transportiert, geöffnet und später an verschiedenen Stellen abgelegt oder sogar vergraben worden. Auch der Transporter sollte verschwinden. Er war schon in Heinz L.s Garage teilweise zerlegt, als ihn die Polizei fand.

Den Angeklagten wirft die Staatsanwaltschaft zudem vor, „die Schäden und sogar Gefahr für Leib und Leben anderer Menschen billigend in Kauf“ genommen zu haben. Bei der letzten Tat in Harzgerode soll das Gebäude oberhalb der Bankfiliale noch bewohnt gewesen sein. Weil die Diebstähle der Radlader und die Einbrüche in den Baumarkt in Gernrode sowie in zwei Bankfilialen in Königerode und Harzgerode als getrennte Straftaten angesehen werden, sind sechs Straftaten angeklagt.

„Allein der Sachschaden beläuft sich auf rund 340.00 Euro“, rechnete Staatsanwalt Klaus Bleuel auch wegen der Schäden an den gestohlenen Fahrzeugen zusammen. Die Beute der siebenköpfigen Bande aus den Tresoren soll rund 183 000 Euro betragen haben.

Der Vorsitzende Richter Dirk Sternberg beendete den ersten Verhandlungstag nicht ohne die Frage an die Angeklagten bzw. Verteidiger, ob sich die Beschuldigten zu den Vorwürfen äußern wollen.

Alle sechs sagten es entweder selbst, oder sie ließen es durch die Verteidiger erklären, dass sie zur nächsten Verhandlung reden wollen. Das könnte das Verfahren deutlich verkürzen.

Der Prozess wird am Freitag, 10. Juli, fortgesetzt. (mz)