Ölgemälde vom Welfenschloss Ölgemälde vom Welfenschloss: Bild nimmt erstaunlichen Weg

Blankenburg - André Gast, stellvertretender Präsident des Vereins „Rettung Schloss Blankenburg“, hat kürzlich von Ex-Bürgermeister Hanns-Michael Noll ein Präsent mit einer ganz ausgefallenen Vorgeschichte erhalten: Ein Ölgemälde vom Welfenschloss, das schon vor Jahren aus Frankreich in die Stadt zurückkehrte und in der Verwaltung vor sich hin dümpelte.
„Am 19. März zu unserer offiziellen Saisoneröffnung werden wir es feierlich einweihen“, kündigt Gast, gleichzeitig ehrenamtlicher Geschäftsführer der „Großes Schloss Blankenburg GmbH“, an, in deren Regie die Sanierung der traditionsreichen Anlage liegt. „Die Besucher können das Bild künftig im Café, im Erdgeschoss des Theaterflügels, in Augenschein nehmen“, sagt er.
Von der Existenz des Gemäldes, wusste bis zum Sommer 2008 in Blankenburg fast niemand, bis ein gewisser Jean Charles Druneau aus Verton (Frankreich) mit seiner Frau Jaqueline in der Stadt auftauchte. Er war auf Spurensuche nach der Familie eines früheren Bauunternehmers. In dessen Firma „Straßen- und Tiefbau August Heise“, die einst ihren Sitz in der Michaelsteiner Straße 35 hatte, waren die Väter der französischen Besucher während des Zweiten Weltkrieges als Gefangene untergebracht. Sie wurden zu verschiedenen Arbeiten herangezogen.
Suche nach Hinterbliebenen
Doch von den Nachfahren des Bauunternehmers, der vermutlich bis zur Rente in seinem Metier weiterarbeitete und 1976 verstarb, konnte zunächst niemand gefunden werden.
August Heise, der 1896 bei Northeim geboren wurde und 1925 in Blankenburg heiratete, hatte sich in den 1920er Jahren unter anderem durch das Verlegen von Gasleitungen im Harz einen Namen gemacht, und durch den Bau von Straßen, wie denen zur Roßtrappe und zum Bergtheater. Sein Unternehmen verlegte auch das erste Fernsehkabel zum Brocken, doch das ist schon wieder eine ganz andere Geschichte.
Heises lebten zunächst in der Kreuzstraße 16, bevor sie um 1932/33 mit Firma und Familie das Gelände der Ziegelei in der Michaelsteiner Straße 35 bezogen und die Villa in der Nähe der Kreuzung zur Gräfestraße bewohnten.
Heises Firma beteiligte sich ebenso am Bau der Straße zur geplanten Rappbode-Talsperre. Dafür wurden zwischen 1940 und 1945 auch französische Kriegsgefangene eingesetzt, unter ihnen die Väter des Ehepaares - Charles Druneau und Jan Floch.
Schwacher Lohn für Zwangsarbeit
Die beiden Männer durften sich in dieser Zeit auf dem Grundstück der Heises in der Michaelsteiner Straße 35 aufhalten, weil sie im Büro Zeichnungen und Lichtpausen für den Straßenbau anfertigen mussten. Von Charles Druneau ist bekannt, dass er Ingenieur und deshalb eine interessanter Gesprächspartner für August Heise war.
Wenn es die Zeit zuließ, spielte Druneau, der seinen Sohn Jean Charles in der Heimat zurücklassen musste, sogar mit den jüngeren Kindern der Familie.
Als der französische Gefangene nach Kriegsende endlich heimkehren durfte, schenkte ihm August Heise aus Dankbarkeit das Gemälde vom „Großen Schloss Blankenburg hinter blühenden Bäumen“, das zuvor im „Damenzimmer“ hing, einem der Speiseräume. Danach riss jedoch der Kontakt zu dessen Familie völlig ab - bis 2008.
Die Geschichte zum Bild
Das Gemälde wurde von C. Petzold, so zumindest die Inschrift, vermutlich erst nach 1925 gemalt. „Am Schloss Balkone sind zu erkennen, die der nach dem Krieg zunächst enteignete Herzog erst anbauen ließ, als er sein Eigentum 1923 zurückbekam und den Wohnsitz der Familie nach Blankenburg verlegte“, fanden Fachleute heraus.
Als sich Druneaus wegen eines Umzugs und der Schenkung des Bildes später schriftlich an die Stadt wandten, wurde eher durch Zufall eine ältere Tochter, Ingrid Heise, ausfindig gemacht. Sie hatte sich in jungen Jahren in Blankenburg einen Namen als Sängerin und Musikpädagogin gemacht, war nach dem Krieg aber nach Hamburg gezogen.
Die alleinstehende Seniorin, die als Lehrerin einst auch den Begründer des Telemann-Orchesters im Kloster Michaelstein betreute, den bekannten Blankenburger Musikwissenschaftler Eitelfriedrich Thom, konnte sich auch nach über 60 Jahren noch gut an die Väter des französischen Ehepaars erinnern. Ob es danach zu einem Treffen zwischen ihr und den Druneaus kam, ist nicht bekannt. Inzwischen kann Ingrid Heise auch nicht mehr erreicht werden.
Was bleibt, ist das Bild, das als eine großzügige Geste der Nachfahren wieder im Harz landete. Blankenburgs Ex-Bürgermeister Hanns-Michael Noll ist erstaunt: „Es ist schon sehr bewegend zu erleben, dass jemand, dessen Eltern in Kriegsgefangenschaft waren, so handelt. Wir müssen der Familie Druneau ganz herzlich danken.“ (mz)

