Oberbürgermeisterwahl in Quedlinburg Oberbürgermeisterwahl in Quedlinburg: Kandidaten stellen sich den Fragen der Bürger

Quedlinburg - Es gibt einen Punkt, da sind sich alle vier Kandidaten für die Oberbürgermeister-Wahl in Quedlinburg doch ziemlich ähnlich: Sie haben keine große Ahnung von Botanik. Auf die Frage von Werner Wandelt vom Bund für Natur und Umwelt, welche Pflanzen sich Gäste Quedlinburgs anschauen sollten, hat keiner so recht eine Antwort parat. Frank Ruch (CDU) empfiehlt die „Vielfalt der Bäume im Brühl“ und den Trockenrasen und das Feuchtbiotop an der Altenburg. Bernd Skudelny (SPD, Gemeinsam für Quedlinburg) und Bettina Ringel-Owczarzak (Zukunft Quedlinburg) fällt gleich gar nichts ein. Und Matthias Kirsch (Einzelbewerber) ruft: „Ich find’ die Runkelrübe toll!“
Doch bei der Vorstellung der Kandidaten im Palais Salfeldt mit etwa 400 Zuschauern, zu der Quedlinburgs Wahlleiter Wolfgang Scheller eingeladen hatte, gibt es auch Fragen, bei denen die Bewerber konkreter und kompetenter antworteten. Moderator Tom Koch („Ein Ziel des heutigen Abends ist es, für eine höhere Wahlbeteiligung zu sorgen“) teilt die Themen in vier Kategorien ein, zu denen die Menschen im Publikum Fragen stellen konnten:
Rathaus
„Wie wollen Sie die Verwaltung modernisieren?“, fragt der erste Zuschauer. Strukturen müssten gebündelt, die richtigen Mitarbeiter am richtigen Ort eingesetzt werden, antwortet Skudelny. Entlassungen soll es unter den 250 Mitarbeitern der Stadtverwaltung nicht geben. Dafür aber neue Sprechzeiten. Ruch kontert, er würde erst mal mit richtigen Zahlen arbeiten: Die Stadtverwaltung habe 295 Mitarbeiter. „Eine moderne Verwaltung muss wie ein Unternehmen geführt werden“, ergänzt er. Er selbst wolle „oberster Wirtschaftsförderer und oberster Dienstleister“ werden. Sie werde „bis in die finstersten Ecken schauen“ und viele Gespräche mit den Mitarbeitern der Stadtverwaltung führen, sagt Ringel-Owczarzak. „Ich würde aber auch versuchen, Bewährtes zu übernehmen.“ Kirsch will das Rathaus „gläsern gestalten - genauso wie in der freien Wirtschaft“. Dazu plant der Kaufmann im Foyer „eine große Tafel mit allen Gesichtern - so wie bei Saturn“.
Wirtschaft
Koch: „Kann man das Ruder bei der Wirtschaft in Quedlinburg noch herumreißen?“ Ringel-Owczarcak: „Wir haben ein wunderbares Kochbuch dazu: den Welterbemanagementplan.“ Quedlinburg brauche keine neuen Gewerbegebiete, sondern das schnelle Internet, damit sich neue Unternehmen in den „411 fast zerfallenen Häudern“ ansiedeln, so Kirsch. Ruch wünscht sich eine neue „Umgangs- und Führungskultur“ in der Stadtverwaltung. Genau wie Skudelny will er selbst der „oberste Wirtschaftsförderer“ sein. Und was ist in Zukunft wichtiger: Wirtschaft oder Tourismus? „Beide Säulen müssen weiterentwickelt werden“, sagt Skudelny. Ruch setzt auf „Tourismus, Gesundheit und Pflanze“.
Soziales
Darf eine lose Volleyballgruppe in einer städtischen Halle trainieren?, will ein 17-Jähriger wissen. „Da müssen Sie sich hinten anstellen“, sagt Ruch. „Erst mal werden die Vereine mit Hallenzeiten versorgt.“ Skudelny sieht das anders, bleibt aber im Ungefähren: „Junge Leute müssen begleitet werden.“ Bei der Frage nach den nicht vorhandenen Bademöglichkeiten in Quedlinburg hat Kirsch eine Idee, die das Publikum zum Lachen bringt: „Man könnte ein Becken ausheben und dort die Bode hineinlaufen lassen.“ Das Wasser des Flusses sei so klar, dass Forellen darin lebten und es natürlich auch zum Baden geeignet wäre. Ruch will dagegen lieber „ein Freizeitareal in der Lindenstraße schaffen“.
Kultur, Welterbe, Tourismus
Bei der Frage von Rolf Weyer nach der Vermarktung der bald anstehenden Jubiläen - 1 100 Jahre Krönung Heinrich I. im Jahr 2019 und 1 100 Jahre Quedlinburg im Jahr 2022 - ist man sich dann wieder vierfach einig: Natürlich müssten diese Ereignisse groß gefeiert und bundesweit und international zur Werbung für Quedlinburg genutzt werden. Auch gegen eine Landesgartenschau - ob mit oder ohne Partnerstädte aus der Nachbarschaft - hat keiner der Kandidaten etwas einzuwenden. Skudelny wünscht sich überdies mehr ausländische Besucher - derzeit sind es rund 8 Prozent -, Ruch will das „Leuchtturmprojekt Stiftsberg“ besser vermarkten. „Die Einigung von Kirche und Stadt darf nicht weiter hinausgeschoben werden“, sagt er.
Wahlleiter Scheller ruft die Quedlinburger am Ende der zweistündigen Veranstaltung dazu auf, am 22. März zur Wahl zu gehen. „Nirgendwo anders hat eine einzelne Stimme so viel Gewicht wie bei der Oberbürgermeisterwahl“, sagt er. Und wenn unter diesen vier Kandidaten keiner ist, dem man seine Stimme geben möchte? Auch dann sollte man sich auf zur Wahl machen, sagt Moderator Tom Koch. „Denn eins steht schon jetzt fest: Einer von diesen Kandidaten wird Ihr neuer Oberbürgermeister.“ (mz)
