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Nur einmal im Leben ein echter Filmschauspieler sein

Von Andreas Bürkner 23.06.2008, 16:36

Quedlinburg/MZ. - Die umstrittene Geschichte der Johanna, der es im 9. Jahrhundert gelingt, sich als Mann auszugeben und bis auf den heiligen Thron im Vatikan zu gelangen, hatte einst Donna Cross in ihrem Romanbestseller "Die Päpstin" aufgeschrieben; nun will sich der bekannte deutsche Regisseur Sönke Wortmann, unter anderem bekannt durch die Streifen "Deutschland - Ein Sommermärchen" oder "Das Wunder von Bern", mit einem internationalen Schauspieleraufgebot an die Verfilmung der Vorlage wagen.

Lebendiges Mittelalter

Für die Kampfszenen und Szenen, die das Leben auf dem Lande zeigen, werden Hunderte von Komparsen und Kleindarstellern benötigt, die das Mittelalter wieder lebendig werden lassen. "Über 1 500 brauchen wir dafür in Sachsen-Anhalt", erklärte Saskia Schmieschke von der "Agentur Wanted" mit Sitz in Leipzig, die es im Auftrage der "Constantin Film" vor allem auf "Charakterköpfe, dünne Menschen oder Langhaarige" abgesehen hatte. So zumindest wurde für das Casting, wie die Auswahl von Kandidaten heutzutage bezeichnet wird, im Quedlinburger Wipertihof geworben.

"Natürlich waren die Erfahrungen der Quedlinburger, die in einer Stadt aus dieser Zeit leben, auch ein Grund dafür, hier die Mitwirkenden zu suchen", ergänzte Schmieschke. So war es nicht verwunderlich, dass unter den Bewerbern auch einige Mitwirkende des Kaiserfrühlings zu sehen waren, die zugleich ihre Kostüme zu den Dreharbeiten mitbringen können. Überhaupt wurden die künftigen Schauspieler kräftig ausgefragt, neben persönlichen Daten und Maßen auch nach Fähigkeiten, vorhandener Garderobe oder unveränderlichen Merkmalen. Damals sei alles noch natürlich gewesen - also auch Narben, Pickel, fehlende Gliedmaßen oder Flecken, "genau das brauchen wir für den Film", beschrieben die Agenturmitarbeiter.

Einige Komparsen wurden auch aufgefordert, Haare oder Bärte wachsen zu lassen oder Färbungen zu entfernen und die Augenbrauen nicht mehr zu zupfen. Über die Besetzung entscheidet eben auch der optische Eindruck - jeder musste sich deshalb von verschiedenen Seiten fotografieren lassen.

Tara Schrader, zehn Jahre alt, tritt mit der Theater-AG der Neustädter Grundschule auf, "was also lag näher, ihr Talent mal anders auszuprobieren?" fand Mutter Mira Schrader, die von der Lektüre des Buches begeistert war. "Mutti kann auch gut spielen", freute sich die fünfjährige Schwester Lina, dass nun sogar alle drei künftige Künstler sind.

Opfer für Mitwirkung

Wen sie dort an berühmten Profis treffen, ist aber noch offen. Einzig Johanna Wokalek (bekannt aus "Hierankl" oder "Barfuß") in der Hauptrolle, welche für Franka Potente einsprang, ist schon bekannt.

"Würden Sie sich auch eine Tonsur schneiden lassen", wurde Matthias Schück gefragt, "um einen Mönch zu spielen?" "Warum nicht?", schien er für die Mitwirkung Opfer bringen zu wollen. Kräftige Männer wurden den Kämpfern zugeordnet.

Anmeldung zeitgemäß

Die Neu-Quedlinburger Sonja Schubarth und Tobias Bräunig, erst seit ein paar Jahren in der Bodestadt, sind eingefleischte Mittelalter-Fans: "Wir gehören schon seit langer Zeit zur 'Freien Söldnerschaft vom Banne des Roten Adler' und sind fast jedes Wochenende mit dieser unterwegs." Doch nur Sonja zählte zu den Bewerberinnen, während sich ihr Partner ganz modern schon im Internet angemeldet hatte.

Das geht auch noch unter der unten stehenden Adresse für diejenigen, welche den Termin in Quedlinburg verpasst haben oder sich noch nicht entscheiden konnten, wie Familie Ertner aus Uftrungen: Sie hatte zwar schon neugierig das Casting in Querfurt beäugt, musste aber in den Nordharz, um ihre besonders langhaarigen Kinder Emily und Martin anmelden zu können.

Nach einer Kostümprobe sollen Ende August unter anderem an der Gernröder Kirche bereits die Dreharbeiten starten, ins Kino kommt der Film allerdings erst im nächsten Jahr.