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Mehr Bafög dank einem Harzgeröder

Von Andreas Bürkner 05.09.2008, 15:48

Harzgerode/MZ. - Während aus anderen Ländern Professoren und Leiter von Studentenwerken entsandt wurden, wählte der hiesige Kultusminister Jan-Hendrik Olbertz den Vorsitzenden des Landesschülerrates aus - einen Harzgeröder.

Wie kam der 20-Jährige zu dieser Ehre? Bereits in der 5. Klasse wurde Marcus zum Klassensprecher gewählt und rückte in der Neunten als Schulsprecher in den Fokus, als es um den Erhalt des Gymnasiums in Harzgerode ging. "Wir haben demonstriert und Protestaktionen im Kreistag durchgeführt, aber es half nichts." Zumindest unter den Schülern wurde sein Einsatz anerkannt, nach dem Zusammenschluss mit dem Wolterstorff-Gymnasium Ballenstedt wählten sie ihn, der am liebsten Spaghetti Bolognese isst, zum Sprecher der gesamten Einrichtung.

Seit 2005 im Vorstand des Schülerrates von Sachsen-Anhalt, wurde er bald dessen Vorsitzender. "Trotz seines jugendlichen Alters hat er die Interessen der Lernenden professionell vertreten und sachorientiert argumentiert", bestätigte ihm Olbertz, den der Student der Politikwissenschaft an der Martin-Luther-Uni Halle als sein Vorbild bezeichnet. Besonders in Erinnerung blieb Marcus die Leitung des 'Podiums Bildung': "Nachdem vor mir wesentlich Ältere das Amt innehatten und der Nachwuchs wieder einmal unberücksichtigt blieb, stellte ich den Antrag, die letzte, entscheidende Sitzung anzuführen." Er durfte und überzeugte als Diplomat bei der Erarbeitung des Entwurfs zur "Guten Schule".

Doch geprägt haben ihn auch der in der Lokalpolitik tätige Großvater und seine kirchliche Erziehung, begründete der vielseitig interessierte Marcus Einflüsse auf seinen Werdegang. Im Spielmannszug der heimischen Feuerwehr wirkt er ebenso mit wie er sich in kirchlichen Dingen engagiert oder Sport treibt, "am liebsten Fußball mit Freunden." Es war für ihn logisch, dass er deshalb schon mit 18 Jahren in die CDU eintrat, "heute bin ich stellvertretender Vorsitzender der Jungen Union im Harzkreis."

Als Sprecher der Schüler des Landes wurde er um Meinung vor der Verabschiedung von Gesetzen befragt und führte Gespräche mit Landesministern und Gewerkschaften über die Belange der Schüler. "Das Rauchverbot an Schulen habe ich abgelehnt", sagt der Nichtraucher, "weil damit das Problem nicht gelöst, sondern nur vor die Tore verlagert wurde." Mit seiner konsequenten Vertretung der Schüler vor der Landesregierung erarbeitete er sich eine Position, die ihn auch zum gefragten Partner der Medien machten. "Im MDR-Fernsehen habe ich so zum Thema 'Gewalt an Schulen' mitdiskutiert."

Als größten Erfolg sieht er den Vorschlag des Beirates für Ausbildungsförderung an, das BAföG zu verbessern. "Beim Studium der Statistiken von 2001 bis 2007 fiel mir auf, dass der Kaufkraftverlust bei über zehn Prozent lag." Der Vorschlag der "Politikberater" von Bundesbildungsministerin Annette Schavan führte zu einer der umfassendsten Erhöhungen seit Bestehen des BAföG - ab Herbst werden die Sätze um zehn Prozent und die Freibeträge der Einkommen um acht Prozent angehoben. Damit können noch mehr Auszubildende Förderung erhalten, zudem bekommen Auszubildende mit Kindern Betreuungszuschlag.

"Ich glaube daran, in der Politik etwas bewegen zu können", habe er gestaunt, dass der Vorschlag vom Bundestag genau so beschlossen wurde. Zwar sei ihm auch nicht alles gelungen, "einen Bundesschülerrat gibt es auch deshalb nicht, weil das Denken in Ost und West noch zu unterschiedlich ist", aber zumindest versucht wurde es. Sein Ziel ist die Landes- oder Bundespolitik, noch sei allerdings nicht klar, ob "als gewählter Vertreter oder in einem Ministerium."

Dann würde er, so er denn könnte, auf jeden Fall die Förderung ehrenamtlicher Arbeit im Nachwuchsbereich verbessern. "Sinnvolle Beschäftigung von Kindern und Jugendlichen verhindert viele spätere Sorgen", hat einer erkannt, der selbst gerade diesem Alter entwachsen ist.