Landratswahl Landratswahl: Dienstleister nicht Diener

Ballenstedt/MZ - Männer Anfang 50 wollen es noch mal wissen, wollen ihre Jugendträume verwirklichen oder die „Route 66“ hinunterfahren. „Oder sie wollen bloß noch ihren Job machen und an die Rente denken“, sagt Michael Jaeger. „Die Kinder sind aus dem Haus, haben einen Beruf und zum Teil Familie. Warum soll ich mich da nicht einer neuen Herausforderung stellen?“, fragt der 53-Jährige aus Ballenstedt.
Seine Frau nickt. „Ich finde es okay, dass er zur Wahl als Landrat antritt. Er kann da auf mich zählen.“ Er gibt zu, als ihn der Anruf mit der Frage, ob er für die FDP kandidieren will, erreichte, hat er es nett gefunden, sich aber Zeit ausbedungen, es zu überschlafen und mit der Familie darüber zu reden.
"Da bleibt noch ein Stück zu tun"
Michael Jaeger hat 30 Jahre Verwaltungserfahrungen, arbeitete an der heutigen Fachhochschule der Polizei in Aschersleben, wo seine Frau noch heute tätig ist, wo sie Mitglied des Polizeisportvereins sind und lange Jahre wohnten, und bis heute in obersten Landesbehörden - wie derzeit im Kultusministerium. „Der Blick von der ministerialen Ebene kann durchaus fürs kommunale Agieren sehr hilfreich sein“, sagt Jaeger. Er habe das Vertrauen seiner Parteifreunde und die nötige Qualifikation, um den „so bedeutenden Landkreis Sachsen-Anhalts“ zu führen.
Die Verwaltungsstrukturen von drei Altlandkreisen und die Region Falkenstein zu vereinigen sei ein Kraftakt. „Da bleibt noch ein Stück zu tun, ohne dass ich in der Verwaltung die Motivation untergraben will oder Ängste schüre.“ Doch für den Liberalen, der vor reichlich zwei Jahren der Partei beitrat, sollten in der Verwaltung „keine Diener, sondern Dienstleister für die Menschen“ sitzen.
Für die FDP stehe die Wirtschaftskraft im Vordergrund. Nur wenn Steuern reinkommen, könne Geld für die Daseinsfürsorge fürs Soziale und die Kultur ausgereicht werden. Der kulturinteressierte Ballenstedter weiß aber auch: „Wenn wir unseren Landkreis lebenswert gestalten wollen, müssen wir die Strukturen erhalten und ausbauen. Es ist kein Geheimnis, was einmal weg ist, kriegt man nicht wieder.“ Der „Haushaltsmensch mit dem ernsten Blick“, wie man ihn gelegentlich bezeichnet, ist sich sicher: „Das Harzklinikum lässt sich wirtschaftlich betreiben, das muss nicht privatisiert werden.“ Mit seiner Erfahrung im Bereich der Polizei plädiert er zudem für tragfähige Konzepte, „die dem Bürger Sicherheitsgefühl vermitteln und die Polizei nicht aus der Fläche verschwinden lässt“.
"Wir haben eine wunderbare Landschaft"
Für ihn heißt ein lebenswerter Landkreis Harz jedoch auch, die Aktivitäten von Jugendlichen und Vereinen zu fördern, die hier eine Zukunft brauchen. Kritisch sieht er die Schulentwicklung. „Wir müssen die Schulstruktur an den Menschen ausrichten: Kurze Wege für kurze Beine.“ Für ihn schließt sich dort wieder der Kreis. „Wertschöpfung ist ein großes Wort, aber wir sollten den Menschen Bedingungen schaffen, dass sie in der Region bleiben und ihr Geld verdienen können.“
Der „überzeugte Sachsen-Anhalter“, als der er sich bezeichnet, hält ein flammendes Plädoyer für das Land. „Wir haben eine wunderbare Landschaft, ich liebe Quedlinburg sehr, es gibt Sehenswürdigkeiten von Weltgeltung und Kultur, das soll erhalten und ausgestaltet werden.“
Wenn Michael Jaeger mal einen freien Tag geschenkt bekäme, würde er „einen ruhigen Ort im Wald suchen, und wenn ich ausgeschlafen habe, ein gutes Buch lesen“. Das alles ohne Computer und Smartphone. „Die Technik verändert unser Leben, aber es wird leider immer weniger miteinander geredet.“
Jaeger, der Mann über 50, erfüllt sich übrigens doch noch einen Traum: Er stellt sich einer großen privaten Herausforderung und spielt am Magdeburger Konservatorium Klavier. Dass er eine strenge Lehrerin hat und dort nicht gerade der jüngste Schüler ist, motiviert ihn sogar. Schließlich waren seine Eltern an eben jener Bildungsstätte Musikpädagogen. Er weiß: „Am Klavier ist man Einzelkämpfer“.