KZ-Außenlagers Langenstein-Zwieberge KZ-Außenlagers Langenstein-Zwieberge: Erinnerung an Opfer auf dem Friedhof Ermsleben

Ermsleben - „Weihnachten war eine traurige Zeit“, hat Jan Wysocki, der zu den mehr als 7000 Häftlingen im KZ-Außenlager Langenstein-Zwieberge gehörte, in einem Brief geschrieben. „Ich kann mich noch erinnern, dass einer der Unteroffiziere nach dem Appell ,Heilige Nacht‘ auf dem Akkordeon spielte. Ich dachte an Weihnachten zu Hause, vergoss einige Tränen und mir kam der Gedanke, dass es wohl mein letztes Weihnachtsfest ist“, schrieb Wysocki weiter. Auch in der Advents- und Weihnachtszeit 1944 sind Menschen in Langenstein-Zwieberge gestorben, sagt Ellen Fauser, Vorsitzende der „Interessengemeinschaft Todesmarsch“, die aus dem Brief Jan Wysockis zitierte.
Gedenken an die Opfer des KZs Langenstein-Zwieberge
Die Interessengemeinschaft hat es sich zur Aufgabe gemacht, an das Geschehen vor mehr als 70 Jahren zu erinnern und das Gedenken an die Opfer, die im KZ Langenstein-Zwieberge und auf dem „Todesmarsch“ im April 1945 starben, wach zu halten. Dafür tragen sie zum Beispiel Zeitzeugenberichte zusammen, kümmern sich um Gedenkstellen oder legen, wie jetzt auf dem Friedhof in Ermsleben, gemeinsam mit Vertreter der Stadt Falkenstein/Harz sowie des Ortsteils Ermsleben und Zeitzeugen des „Todesmarsches“ Rosen nieder.
Im April 1945 wurden 3.000 Häftlinge aus Langenstein-Zwieberge auf dem „Todesmarsch“ auch durch Ermsleben getrieben, sagt Heimatforscher Richard Brantin. Sie mussten auf dem Sportplatz übernachten. Dort wurden mehrere Häftlinge durch Bewacher der SS und des Volkssturms erschossen. Weitere wurden im Burggrund ermordet, als die Häftlinge in sechs Kolonnen in Richtung Endorf weiterziehen mussten. Neun Opfer wurden am 13. April 1945 in einem Gemeinschaftsgrab auf dem Friedhof in Ermsleben bestattet, auf dem ein Gedenkstein steht. Die Toten im Burggrund, die im Klostergraben unterhalb der Konradsburg verscharrt worden waren, wurden erst am 18. Mai gefunden. Diese sechs Toten wurden ebenfalls auf dem Ermslebener Friedhof bestattet. Ein Ehrenmal, das allerdings durch Vandalismus stark beschädigt wurde, erinnert an sie. Die Namen der Toten, so Richard Brantin, sind nicht bekannt. „Im Friedhofsbuch stand nur ,Ankömmlinge‘“.
Die IG-Sprecher Hartmut Rienäcker und Hans Richter lasen aus Texten Überlebender. Diese verdeutlichten die unmenschlichen Bedingungen, unter denen die Häftlinge ab Ende April 1944 ein Stollensystem in den Thekenbergen graben und das durch Explosionen gesprengte Gestein wegräumen mussten, während der giftige Qualm die Menschen zu ersticken drohte. Oder dass allein von jenen 65 jungen Franzosen, die im Oktober 1944 nach Langenstein-Zwieberge gebracht wurden, bis April 1945 50 dieser meist zwischen 22 und 24 Jahre alten jungen Männer gestorben waren.
Es ist wichtig, den gedanklichen Bogen zu spannen zwischen den Gewalttaten der Nazis und der Gewalt in unseren Tagen, die in der Welt kein Ende nimmt“, sagt Hans Richter. „Wir sind aufgerufen, im Rahmen unserer Möglichkeiten unsere Stimme zu erheben gegen Gewalt, Fremdenhass und Krieg.“
Gedenkstätte würdig gestalten
Die Gedenkstätte auf dem Friedhof in Ermsleben soll mit Mitteln der Stadt Falkenstein/Harz wieder würdig gestaltet werden. Der alte Stein kann nicht restauriert werden; der Ortschaftsrat hat sich daher dafür ausgesprochen, eine neue Granitplatte als Gedenktafel aufzustellen, sagte Ortsbürgermeister Günther Schmiedemeier.
Von den 3.000 Häftlingen aus Langenstein-Zwieberge, die auf den „Todesmarsch“ getrieben worden, überlebten 500. Zu ihnen gehörte auch Jan Wysocki, der in der Nähe von Belleben fliehen konnte. Er kam noch ein Mal zu den „Tagen der Begegnung“ im April 2011 nach Langenstein-Zwieberge. Danach gab es einen Briefwechsel zwischen Jan Wysocki und Hans Richter. Jan Wysocki starb im Mai 2014 in Bialystok. (mz)
