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Kritik vom Bauernverband Nordharz Kritik vom Bauernverband Nordharz: Neue Photovoltaikanlage statt Ackerboden

Von Detlef Horenburg 08.04.2014, 21:07
Die bekannte Silhouette von Halberstadt mit der Martinikirche und dem Dom ziert nun am Fuße eine riesige Solarparkanlage.
Die bekannte Silhouette von Halberstadt mit der Martinikirche und dem Dom ziert nun am Fuße eine riesige Solarparkanlage. Chris Wohlfeld Lizenz

Badeborn/Halberstadt/MZ - Beim Bauernverband Nordharz schlagen die Wellen der Empörung hoch. Wieder werde wertvoller Ackerboden für eine Sonnenkraftanlage verschleudert: vor den Toren Halberstadts, wo demnächst auf fünf Hektar eine Photovoltaikanlage ans Netz gehen wird.

„Das ist einfach ein Ding der Unmöglichkeit“, schimpft Eberhard Knobbe, Chef der Agrargenossenschaft Harsleben. Seine Firma hatte bisher die im Kircheneigentum befindliche Fläche als Pächter bewirtschaftet. „Das ist bester Ackerboden, der dort verschwendet wird“, sagt Knobbe.

Der Landkreis Harz umfasst eine Gesamtfläche von 210.400 Hektar. Die landwirtschaftliche Fläche beträgt 100.002 Hektar. Angebaut werden vorwiegend Getreide, Raps, Zuckerrüben, Mais und im geringen Umfang auch Kartoffeln sowie im Bereich der gemeinde Hedersleben Heil- und Gewürzpflanzen.

Die Mitglieder des Bauerverbandes Nordharz bewirtschaften rund 62 Prozent dieser Flächen. Hinzu kommen 77.150 Hektar an Waldfläche sowie rund 22.000 Hektar an Wasser-, Siedlungs- und Verkehrsfläche.

Insgesamt gibt es im Harzkreis etwa 300 landwirtschaftliche und gärtnerische Unternehmen. Davon sind 98 im Bauernverband Nordharz organisiert. Ihm gehören 289 Gesellschafter in unterschiedlichen landwirtschaftlichen Unternehmen an. (Quelle: Bauernverband)

Nach seiner Ansicht gibt es um Halberstadt genügend brachliegende Flächen, die für solche Anlagen genutzt werden könnten. Als Beispiel nannte er das ehemalige Panzerübungsgelände zwischen Westerhausen und Halberstadt. Dort übte auf 300 Hektar bis zur Wende ein Panzerregiment der Sowjetarmee. Bereits in der Nähe steht dort eine 27 Hektar umfassende Sonnenkraftanlage.

Petition des Deutschen Bauernverbandes bringt keine Wirkung

Auch der Geschäftsführer des Bauernverbandes Nordharz, Jürgen Zywitzki, zeigt sich verärgert über den Standort des neuen Sonnenkraftwerkes: „Auf die Petition des Deutschen Bauernverbandes zum Schutz landwirtschaftlicher Flächen gab es aus dem Parlament heraus bis heute kaum eine Reaktion.“ Im Land würden täglich rund 80 Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche unter Beton verschwinden. Weiterhin werden ökologische Kompensationsmaßnahmen nur zu gerne auf Ackerland geplant.

Ex-Verbandschef Eckhardt Nebe fand auf dem jüngsten Verbandstag noch klare Worte: „Wir müssen die neu gewählten Abgeordneten des Bundestages ernsthaft fragen, wie zukünftig mit dem erklärten Willen von über 200  000 Wählern umgegangen werden soll und verlangen, dass der Boden endlich durch ein wirksames Gesetz geschützt wird.“

Der Flächenverbrauch für Wind- und Solarparks sowie beim Netzausbau müsse deutlich eingeschränkt werden, forderte er. Es könne nicht sein, dass ökologische Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen noch aufgesattelt werden, wenn ein Land seine Energieerzeugung umweltfreundlich gestaltet. Photovoltaikanlagen gehörten auf Dächer, auf Unland und Brachflächen, nicht auf hochwertiges Ackerland, auch nicht in ausgewiesenen Gewerbegebieten, entlang Eisenbahnstrecken und Autobahnen.

Die ständige Verringerung „unseres wichtigsten Produktionsmittels führt unter anderem dazu, dass die Kauf- und Pachtpreise weiterhin stark steigen“. Diese seien mittlerweile von jeder betriebswirtschaftlichen Logik entkoppelt und könnten durch landwirtschaftliche Produktion allein kaum noch erwirtschaftet werden, sagt er.

Es gibt noch Hoffnung

Doch der bisherige Bauernprotest zum landwirtschaftlichen Flächenverbrauch hat auch zarte Pflänzchen der Hoffnung wachsen lassen: „Es gibt dort schon Verbesserungen, wo Vorhabenträger gewillt sind, mit uns den Dialog über vernünftige Alternativen zu führen“, weiß Zywitzki. Auch habe bei der Regionalen Planungsgemeinschaft und der Halberstädter Wirtschaftsförderung ein Umdenken eingesetzt.

Die Bauarbeiten sind im vollen Gange.
Die Bauarbeiten sind im vollen Gange.
Chris Wohlfeld Lizenz