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Krematorium in Quedlinburg Krematorium in Quedlinburg: Respekt vor den Toten

Von Gerd alpermann 02.05.2014, 21:32
Im Empfangsbereich des Krematoriums kümmern sich Solveig Blumenthal und Regina Boehm um Angehörige, Anrufer und Besucher.
Im Empfangsbereich des Krematoriums kümmern sich Solveig Blumenthal und Regina Boehm um Angehörige, Anrufer und Besucher. Chris Wohlfeld Lizenz

Quedlinburg/MZ - Nichts ist mehr grau in grau im Quedlinburger Krematorium. Doch die Räume sind seit der Übernahme durch die Feuerbestattungen Quedlinburg GmbH nicht nur freundlicher gestaltet, sondern das Unternehmen setzt auch auf Transparenz und die sich daraus ergebene Akzeptanz. Dazu findet am 17. Mai ein Tag der offenen Tür statt. Doch auch sonst sind Führungen möglich. Die Hinterbliebenen können jetzt zudem der Einäscherung, dem Einfahren des Sargs in den Ofen, beiwohnen. Darauf verwies Geschäftsführer Svend-Jörk Sobolewski bei einem Rundgang für Pressevertreter durch die Anlage auf dem Zentralfriedhof.

Neben der Neugestaltung der Räume sind auch die technischen Anlagen auf den neuesten Stand gebracht worden. „In den zurückliegenden 20 Jahren wurde auf Verschleiß gefahren“, schätzt der Geschäftsführer ein. Da sei es dringend notwendig gewesen, zum Beispiel die beiden Öfen neu auszumauern. „Der Energieverbrauch konnte um 20 Prozent gesenkt werden“, betont der Krematoriumschef. Es sei nicht nachvollziehbar gewesen, warum es in den Räumen eine Fußbodenheizung gab, wo doch genügend Abwärme erzeugt wurde.

Der Ablauf im Krematorium ist immer derselbe. Nachdem die Bestattungsinstitute als Partner der Feuerbestattungen GmbH die Särge angeliefert haben, kommen diese zunächst in die Kühlkammer. Platz ist dort für bis zu 90 Särge, die aus unbehandeltem Holz bestehen und keine Beschläge haben. In der Kühlkammer findet jeden Morgen gegen 7 Uhr, fünfmal in der Woche, noch einmal eine Visite der Toten durch einen Pathologen statt. Diese ist in Deutschland Vorschrift, um unnatürliche Todesfälle ausschließen zu können. „24?Stunden am Tag können die Bestatter Särge anliefern. Innerhalb von drei Tagen werden dann die Toten kremiert. Auch Schnelleinäscherungen sind möglich“, sagt Svend-Jörg Sobolewski. Angesichts der großen Konkurrenz seien Preisanhebungen kaum möglich.

25 bis 30 Einäscherungen am Tag

Das Krematorium arbeitet im Zwei-Schicht-System. So sind etwa 25 bis 30 Einäscherungen am Tag, zwischen 3?600 und 4?000 im Jahr, möglich. Bei Bedarf kann die Anlage auch rund um die Uhr betrieben werden. Eine Kremierung dauert etwa zwei Stunden. Die Särge werden mit einer speziellen Einfahrmaschine in die Öfen gebracht. Früher wurde dazu ein Gabelstapler verwandt. Auch hier kommt die Einstellung der neuen Betreiber zum Ausdruck. Alles soll würdevoll ablaufen, zumal wenn Angehörige anwesend sind. Die Einäscherung wird per Computer gesteuert. Doch es gibt Ausnahmen. Wöchentlich wird von Bestattern mindestens ein Toter mit deutlichem Übergewicht gebracht. Dann sind die zwei Stunden nicht einzuhalten, und die Anlage muss per Hand betrieben und überwacht werden, weiß der Geschäftsführer.

Jedem Sarg ist eine kleine Keramikscheibe beigelegt. Dort steht die Ortsangabe Quedlinburg drauf und auf der Kehrseite eine Zahl. Es wird fortlaufend gezählt - eine weitere Sicherheit neben den Computeraufzeichnungen, damit in jeder Urne die richtige Asche eingefüllt werden kann. Durch eine Filteranlage wird gewährleistet, dass keine Umweltbelastungen entstehen. Ein Notstromaggregat kann bei Ausfall des Netzes zugeschaltet werden. Noch ist es ein riesiger Dieselmotor. Eigentlich werden heute mit Batterie betriebene kleine Anlagen verwandt. Bevor die Asche in die Urne kommt, werden Metallteile, wie künstliche Gelenke, herausgenommen, während zum Beispiel Goldzähne mit in die Urne gegeben werden. „Alle sensiblen Bereiche sind mit Kameras versehen, nicht zur Kontrolle der sechs Mitarbeiter in Quedlinburg, sondern zum Eigenschutz“, betont der Geschäftsführer. Keiner könne so irgendwelche Behauptungen aufstellen.

Durch Metallverkauf sind fast 6.000 Euro zusammengekommen

Die entnommenen Metallteile wiederum werden an die Entsorgungsfirma „OrthoMetal“ in Holland abgegeben. Dies ist nicht das einzige mögliche Unternehmen, aber laut Geschäftsführer das derzeit preiswerteste. Der Erlös geht als Spende an die Stadt. Diese lässt die Mittel zum Beispiel sozialen Institutionen zukommen. Von September bis Dezember vergangenen Jahres waren in weniger als vier Monaten fast 6?000 Euro durch den Metallverkauf zusammengekommen. ?

Nils Herrschaft kontrolliert die computergesteuerten Öfen, die strengen Bestimmungen unterliegen.
Nils Herrschaft kontrolliert die computergesteuerten Öfen, die strengen Bestimmungen unterliegen.
Chris Wohlfeld Lizenz
Ein Sarg wird angeliefert und in den Kühlraum geschoben.
Ein Sarg wird angeliefert und in den Kühlraum geschoben.
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