Kirchenkreis Halberstadt Kirchenkreis Halberstadt: Abgesang droht
halberstadt/MZ - Claus-Erhard Heinrich steht dem 1953 in Halberstadt gegründeten Kirchenmusikalischen Seminar vor. Er führt fort, was seine Vorgänger Hans Kühne-mund, Carl Künne und Klaus-Jürgen Teutschbein in den vergangenen Jahrzehnten aufgebaut haben. „Doch es hat sich viel geändert, nicht nur, was die Kirchenstrukturen anbetrifft. Früher waren unsere Seminaristen fast durchgehend kirchenmusikalisch sozialisiert. Heute ist alles vielschichtiger, da kommen stärkere Sänger und schwächere Instrumentalisten.“
Doch Heinrich weiß, die Ehren- und Nebenamtlichen sind in Zeiten der Kürzung hauptamtlicher Stellen Gold wert. Nun ballen sich dunkle Wolken auch über seiner Einrichtung. Zwischen zwei und zwölf „Schüler“ hatten der Kantor und seine rund zehn Honorarkräfte in den vergangenen Jahren. Nicht ohne Stolz auf seine Einrichtung berichtet Claus-Erhard Heinrich von Dozenten, die nicht nur aus Halberstadt und dem Harz, sondern auch aus dem Raum Halle-Leipzig kommen.
„Wir haben sogar einen landeskirchenübergreifenden Lehrkörper mit Kollegen aus dem Anhaltischen, Braunschweigischen und Hannoverschen.“ Seine Seminaristen kommen zumeist aus der EKM, aber auch mal aus Bayern, Hessen oder Braunschweig. Sie alle eint die Liebe zur Kirchenmusik und der Wunsch, eine kompakte kirchenmusikalische C-Ausbildung als Vollzeitstudium zu erhalten, wie es sie so nur in Halberstadt gibt. Dazu kommt das volle Programm von Chorleitung, liturgischem und künstlerischem Orgelspiel bis Liturgik und Hymnologie sowie Instrumentalunterricht auf Orgel, Klavier und Blockflöte.
In dieser Zeit leben sie im Campeschen Stift, wo die oberste Etage als Wohnheim mit Einzelzimmern ausgebaut wurde. „Wer hier nebenamtlicher Kirchenmusiker wird, der ist ungeheuer eng ans praktische Kirchenleben im Dom angebunden. Singt in der Kantorei oder dem Praetorius-Chor, dirigiert, gestaltet monatlich zwei bis drei Gottesdienste mit“, erläutert Superintendentin Angelika Zädow.
Man spürt, sie ist ungehalten. Die Landeskirche prüft derzeit, diese Einrichtung an die Evangelische Hochschule für Kirchenmusik nach Halle an der Saale zu verlegen. „Ich habe das Gefühl, wir haben von den Plänen als Letzte erfahren.“ Wo doch nur mitdenken kann, wer auch mitreden darf. Unterdessen regt sich Protest im Kirchenkreis, aber auch unter Lehrenden, derzeitigen und ehemaligen Seminaristen. Weil sie die Bedingungen in Halberstadt fast als ideal empfinden. Sie verweisen auf immerhin fünf hochkarätige „Übe-Orgeln“, da ist nichts Abgewracktes dabei, sondern sie dürfen wie selbstverständlich an Trauminstrumente wie die große Orgel im Dom St. Stephanus und St. Sixtus.
Durch die enge Verzahnung von Gemeindearbeit und kirchenmusikalischer Ausbildung entstehe „ein Praxisfeld, in dem sich die Seminaristen auf dem Gebiet Chorleitung, liturgischer Begleitung, Gottesdienstgestaltung sowie konzertanten selbständigen Beiträgen in einzigartiger Weise ausprobieren und entwickeln können“, hieß es vor einigen Wochen bei der Kreis-Synode. Man zweifle daran, dass Ebenbürtiges in Halle geboten werden könne. „So ein individuelles Mentoring der Studenten ist traumhaft und trägt Früchte für die Gemeinden. Um es klar zu sagen, wir verweigern uns nicht einer Diskussion, haben uns selbst schon Gedanken gemacht“, betont Angelika Zädow.
Als Anstellungsträger und einer der Hauptbetroffenen glaube man, entsprechendes Mitspracherecht zu haben. Sie halte die Erhöhung der Zahl von Auszubildenden für durchaus denkbar.
Oberkirchenrat Christian Fuhrmann, selbst ein früherer Halberstädter und einst der letzte Superintendent für Quedlinburg/Aschersleben, lobt im MZ-Gespräch, „dass kritisiert wird. Ich habe von den Studierenden gehört, wie wertvoll das Seminar in Halberstadt ist.“ Als Kirchenmann vor Ort hätte er genauso wie ein Löwe für die Belange der Region gekämpft. Der OKR erinnert daran, dass im Januar die „Kammer für Kirchenmusik“ getagt habe. „Dort war das Halberstädter Seminar ein Thema.“ Dazu wehte kein Gegenwind, „womit die Diskussion freigegeben war.“
Christian Fuhrmann sagt gegenüber der MZ sehr deutlich, dass man sich in einer Prüfungsphase befinde. „Jeder kann uns glauben, dass wir es uns nicht leicht machen und sehr ernst nehmen, was uns von unterschiedlicher Seite gesagt wird.“ Er halte „gute Gegenargumente für ein Geschenk in der Debatte“.
Das Seminar werde nicht verschwinden, auch werden bei einer Ausbildungskonzentration am möglichen Standort Halle, wo sich bereits die Kirchenmusikalische Hochschule befindet, keine anderen Zugangsvoraussetzungen gelten als in Halberstadt.
Weitere Informationen gibt es im Internet unter www.kirchenkreis-halberstadt.de