Julius-Kühn-Institut in Quedlinburg Julius-Kühn-Institut in Quedlinburg: Keine Zauberei auf dem Berg

Quedlinburg/MZ - „Das machst du aber ganz prima“, lobt Institutsmitarbeiterin Irene Mertin. Mit sicherem Griff mit der Pinzette teilt Helene Heuchert per keimfreiem Skalpell eine Kartoffelpflanze. Den abgeschnitten Teil legt sie schließlich in eine Nährlösung, woraus eine neue, gesunde Pflanze wachsen kann. Dies alles geschieht nämlich in vitro, also im Glas, unter sterilen Bedingungen in der Mitmachstation.
Die zwölfjährige Hallenserin, die eine sechste Klasse besucht, zählte am Sonnabend zu den über 500 Gästen, die der Einladung des Julius-Kühn-Institutes (JKI) zum Tag der offenen Tür folgten.
Das Julius Kühn-Institut ist Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen (JKI).
In dem Institut, das den Namen des Agrarwissenschaftlers Julius Kühn trägt, wurden die Biologische Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft und die Bundesanstalt für Züchtungsforschung an Kulturpflanzen unter Einbindung zweier Institute der Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft (Institut Pflanzenernährung und Bodenkunde und Institut für Pflanzenbau und Grünlandwirtschaft) zusammengefasst.
Es hat seinen Hauptsitz in Quedlinburg und neun weitere Außenstellen.
Auch Kerstin Fuhrmann aus Oschersleben war mit ihren Söhnen Anselm (14) und Samuel (18) extra angereist, um in die faszinierende Welt der Pflanzen einzutauchen. Während sich die Mutti und zugleich Hobbygärtnerin für den Komplex der gesunden Ernährung und den ökologischen Anbau interessierte, nutzten die beiden Söhne den Tag ausgiebig, um sich über die Ausbildungsmöglichkeiten im JKI zu informieren.
Offene Türen alle zwei Jahre
Das Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen öffnet die Türen zu seinen Laboren, Versuchsflächen und dem imposanten Gewächshauskomplex auf dem Moorberg in Quedlinburg alle zwei Jahre, wie Pressereferentin Stefanie Hahn erklärte. Pflanzen stehen natürlich im Mittelpunkt der Forschung am Hauptsitz des JKI. Die großen Ackerkulturen, die zur Ernährung dienen, werden hier ebenso erforscht, wie Kräuter, Gemüse oder Zierpflanzen. Während man diese Forschungsarbeit anhand der Mohrrübe vor zwei Jahren allgemeinverständlich erläuterte, war es in diesem Jahr der Spargel.
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„Es geht um grundlegende Fragen zur Pflanzengenetik und dem Zusammenwirken zwischen Pflanzen und ihren Schaderregern sowie um die Vielfalt der Kulturpflanzen, die sich in den Sorten beziehungsweise Wildarten widerspiegelt“, erklärte Stefanie Hahn. Sie zeigte sich über die riesige Resonanz an der Arbeit der Wissenschaftler an diesem Tag sehr zufrieden. „Solch ein Tag gibt uns die Gelegenheit, den Menschen in der Region zu zeigen, wie wir modern und zukunftsorientiert arbeiten“, betonte sie. Die Bürger könnten sehen, dass hier „keine Zauberei“ stattfindet. Es geht vielmehr darum, die Pflanzen resistent zu machen gegen unterschiedlichste Krankheiten und Schädlinge. Letztlich soll damit auch der Einsatz von Pflanzenschutz- und Schädlingsbekämpfungsmitteln verringert werden. Aber auch der Klimawandel stellt die Wissenschaftler vor neue Herausforderungen. „Beispielsweise könnten wir es mit neuen Viren zu tun bekommen“, meinte die Sprecherin. Da gilt es rechtzeitig Methoden zu entwickeln, um diese schädlichen Erreger rechtzeitig zu erkennen.
Die Besucher bekamen während der fünf verschieden Führungen im halb- beziehungsweise Stundentakt eine Ahnung von dem Aufwand, der dahinter steht. Denn das Haus steckt voller technischer Finessen, mit deren Hilfe die Mitarbeiter sich relativ unabhängig machen können von Umwelteinflüssen. Von den 109 Kabinen sind 42 kühlbar, Hochdrucknebelanlagen sorgen für eine ganz bestimmte Luftfeuchte, das Be- und Entwässerungssystem ist ausgeklügelt, und in 32 Klimakammern kann das Sonnenlicht simuliert werden.
Dazu gab es neben den zahlreiche Führungen auch elf verschiedene Themenstationen. Wer sich selbst als Forscher ausprobieren wollte, wie Helene, dem stand neben dem Schnupperkurs in der Gewebekultur auch die DNA-Küche zur Verfügung. In letzterer konnten so die Erbsubstanzen aus Bananen oder Erdbeeren mit handelsüblicher Haushaltschemie isoliert werden. Großes Interesse fand zur Mittagszeit auch der Vortrag vom JKI-Präsident Georg F. Backhaus. Der promovierte Wissenschaftler stellte den Zuhörern die Aufgaben des Institutes an seinen zehn Standorten in Deutschland vor.
Besonderer Beliebtheit erfreuten sich in diesem Jahr im Sitzungssaal die fünf moderierten Verkostungen von Weinen aus resistenten Rebsorten der Pfalz. Mit Kellermeister Thomas Ertel aus dem Institut für Rebenzüchtung Siebeldingen konnten die Weinfreunde in die Welt der Weinaromen eintauchen. Dies Gelegenheit nutzte auch Fred Blumenthal aus Quedlinburg. Besonderes Interesse zeigte er aber auch an den Methoden bei der Spargel- und der Getreidezucht, wie der Kleingärtner verriet.
Viele Besucher nahmen auch gern das kostenlose Andenken an diesen Tag mit: eine Papiertüte voller Küchenkräuter-Pflanzen.

