Jubiläum bei Familie Malchert Jubiläum bei Familie Malchert in Quedlinburg:

Quedlinburg - Es sind wieder ungewisse Zeiten, in die das 100-jährige Bestehen des Uhren- und Schmuckwarengeschäfts Malchert an diesem Freitag fällt. Axel und Angela Malchert, beide mittlerweile 63 Jahre alt, haben das Geschäft in der Bockstraße 9 in Quedlinburg im Umbruchjahr 1990 wiedereröffnet, nachdem es sich zu DDR-Zeiten 14 Jahre lang in den Händen der HO befand.
Während unklar ist, wie es mit dem Geschäft in den nächsten Jahren weitergeht, erzählt Axel Malchert vom Aufbruch im Frühjahr 1990 wie von einem berauschenden Abenteuer. Wie er und seine Frau damals mit ihrem delfingrauen Trabi nach Hamburg zum Großhändler gefahren sind, um ihren ersten Warenbestand einzukaufen. Wobei man von „kaufen“ überhaupt nicht reden könne, sagt Malchert.
„Wir hatten gar kein Geld, um die Ware zu bezahlen. Doch der piekfeine Hamburger Geschäftsmann gab sich großzügig und uns eine volle Kofferraumladung und noch einen mit Ware angefüllten Transporter hinterher auf Kredit mit zurück nach Quedlinburg.“
Hilfe aus dem Westen: Eine Art Patenschaft eines Juwelierladens in Celle vermittelt bekommen
Zuvor hatte Axel Malcherts Onkel, der zu dieser Zeit schon seit Jahren in Niedersachsen wohnte, den Malcherts eine Art Patenschaft eines Juwelierladens in Celle vermittelt.
Beim Treffen dort stellte Axel Malchert fest, dass er sich bei einem Besuch bei seinem Onkel im Westen 1988 an den Schaufenstern genau dieses Juweliers in Celle die Nase plattgedrückt hatte - voller Begeisterung über die Uhren und den Schmuck in den Auslagen.
Vielleicht begannen in diesem Moment in Axel Malchert die Hoffnung und der Wunsch zum ersten Mal konkret zu werden, sich das Geschäft in Quedlinburg von der HO zurückzuholen und selbst zu betreiben.
Nun, Anfang 1990, erhielten die Malcherts von dem Juwelier in Celle Beratung sowie Werbe- und Dekorationsmaterial. Und den Kontakt zu dem Großhändler in Hamburg, der sich als seriöser Partner entpuppte und das für die Malcherts auch viele Jahre lang blieb, während gerade Anfang der 1990er-Jahre viele unseriöse Geschäftemacher auf Beutejagd waren.
„Der Onlinehandel und die Massenware machen auch uns das Leben schwer“, ärgert sich Axel Malchert
Doch das große Geschäft mit qualitativ hochwertigen Uhren, das in den 1990er-Jahren gut lief und expandierte, ist nun schon eine Weile vorbei. „Der Onlinehandel und die Massenware machen auch uns das Leben schwer“, ärgert sich Malchert. Auch vielen Herstellern gehe es nicht gut, Insolvenzen nähmen zu.
Axel Malchert selbst ist immer auf der Suche nach einzelhandelsfreundlichen Herstellern. „Ich richte mich nicht nach der Mode“, sagt er und setzt weiter auf Qualität. Und es ist auch heute noch manchmal so wie in den 80ern, als sich nach dem Hype um Digitaluhren in den 1970er-Jahren mechanische Uhrwerke wieder größerer Beliebtheit erfreuten. „Ich habe so eine Smartwatch, doch will jetzt eine richtige Uhr“, gibt Axel Malchert die Worte eines Kunden wieder, der kürzlich in seinen Laden kam.
Berühmte „Schlossberg“-Uhr wird bereits weltweit verkauft
Daniel Malchert hat seine Werkstatt seit August dieses Jahres im nahe gelegenen Klumpp-Haus, nachdem der Raum im Obergeschoss der Bockstraße 9, wo Malchert junior zuvor jahrelang Uhren reparierte, die Anforderungen einer zertifizierten Werkstatt nicht mehr erfüllte.
Daniel Malchert liebt seine Arbeit, er repariert teure Uhren aus ganz Deutschland und verkauft seine eigene, die „Schlossberg“, die er auf Kundenwunsch in etwa sechs Wochen fertigstellt, per Versand in die ganze Welt. Es sei die meditative Ruhe, sich den ganzen Tag mit einem filigranen Uhrwerk zu beschäftigen und dabei immer mehr dazuzulernen, die ihn erfüllt.
Daher will er den Laden der Eltern auch eher nicht übernehmen, der nach nun 100 Jahren im Besitz der Familie Malchert - mit Unterbrechung der HO-Phase - somit vermutlich keine große Zukunft mehr haben wird.
Axel Malchert wischt diese Gedanken schnell weg und nimmt erst mal das Jubiläum in den Blick. Einige Leute fragten ihn schon seit geraumer Zeit, was für die 100-Jahr-Feier denn geplant sei. Er antworte ihnen, dass er bereits zwei Busse gemietet habe und sämtliche VIPs aus Quedlinburg in die Elbphilharmonie nach Hamburg einlade und dann die Zeche prelle. Er lacht nun wieder und ergänzt bescheiden: „Sicher werden wir ein paar Häppchen und Sekt anbieten, aber sonst einfach weiter unsere Arbeit machen.“ (mz)

