Immobilien im Landkreis Harz Immobilien im Landkreis Harz: Viel Ärger mit den maroden Häusern
Quedlinburg/MZ - Leerstehende Häuser werden im Landkreis Harz immer mehr zum ernsten Problem. Allein im vergangenen Jahr musste das Bauordnungsamt des Landkreises 51-mal aktiv werden, da von maroden Gebäuden eine Gefahr für Anwohner und Passanten bestand. Vor zwei Jahren waren es „nur“ 38 Objekte.
„Dies liegt einerseits daran, dass es mehr Leerstand durch den Bevölkerungsrückgang gibt“, sagt Thomas Schittko, Sachbearbeiter bei der Bauaufsicht des Landkreises Harz. Andererseits würden die Gemeinden, die oftmals herrenlosen Häuser und Gebäude der Kreisverwaltung melden, sehen, dass „sich da in Richtung Sicherung auch was bewegt“.
Gefahr im Verzug
Rund 200.000 Euro stehen jährlich im Haushaltsplan des Landkreises für Maßnahmen der Gefahrenabwehr an Schrottimmobilien bereit, die dem Kreis nicht gehören, „wo aber oft Gefahr im Verzug“ ist, weiß die Leiterin des kreislichen Bauordnungsamtes, Katharina Floßmann, zu berichten. Dieses Geld steht sowohl zur Sicherung von Häusern und Gebäuden zur Verfügung, die unter Denkmalschutz stehen, als auch für solche, wo es keinen Eigentümer mehr gibt oder dieser nicht in der Lage ist, die marode Immobilie zu sanieren, geschweige denn zu sichern. „Wir sind dann per Gesetz verpflichtet, die Häuser zu sichern oder gar abzureißen, damit keine Gefahr mehr für Leib und Leben der Passanten oder vorbeifahrenden Autofahrer besteht“, sagt die Amtsleiterin. „In allen Orten im Landkreis gibt es diese sogenannten Schrottimmobilien“, ergänzt Schittko. Sorgenkind bilde aber Ermsleben - wohl weil dort der Bevölkerungsrückgang am größten ist.
Kommt dem Bauordnungsamt ein Fall zu Ohren, meist durch Nachbarn oder die Gemeinde, wendet sich das Amt zunächst mit einem Schreiben an den Eigentümer, mit der Aufforderung, den Schaden in Ordnung zu bringen. Erfolgt das nicht, habe man die Möglichkeit, ein Zwangsgeld anzudrohen. Das ändere aber oftmals nichts am traurigen Zustand, sagt die Amtsleiterin. Also erfolge die Ersatzvornahme durch den Kreis im Rahmen der Gefahrenabwehr. Dazu werden in der Regel drei Angebote eingeholt. Außer, wenn akute Gefahr von der Immobilie ausgeht, werde ein Auftrag auch schon einmal freihändig vergeben, ergänzt Schittko. Die Gefahrenabwehr aber dulde keinen Aufschub. Wie einst bei einer Scheune in Pansfelde, bei der der Giebel abklappte und das Gebäude abgerissen werden musste. Sie zählte mit ihren 80 Metern zu den längsten Scheunen in Sachsen-Anhalt. Der ausländische Eigentümer war nicht in der Lage, die Scheune zu sichern.
Insgesamt sieben Mitarbeiter sind bei der Kreis-Baubehörde unter anderem mit der Abwehr von Gefahren, die von maroden Häusern oder Gebäuden ausgehen, beschäftigt. „Das fängt beim Aufstellen eines Sicherungszaunes an, geht über das Abnehmen von Schornsteinen, Stabilisierungsmaßnahmen bis hin zum Abriss.“ Letzterer ist aber die seltene Ausnahme. Da der Landkreis kein Eigentümer ist, sind die Handlungsmöglichkeiten gesetzlich eingeschränkt. Oft sei man mit der Hinhalte- oder Verschleierungstaktik der Eigentümer konfrontiert. Wie beim einstigen Bahnhofshotel in Halberstadt, das zum Spekulationsobjekt ausländischer Eigentümer wurde und schließlich auf Kosten der Steuerzahler für rund 35.000 Euro abgerissen werden musste.
„Eigentum ist ein hohes Gut“, sagt Floßmann. So könne man im Falle von Schrottimmobilien nicht schalten und walten wie man wolle. In jedem Einzelfall müsse die Amtsleiterin und ihre Baukontrolleure abschätzen: „Was ist verhältnismäßig?“ Wenn zum Beispiel nur ein Dachziegel herunter fällt, könne man nicht gleich das ganze Gebäude abreißen.
Für Schönheitskuren in den Gemeinden sei man allerdings auch nicht zuständig. So werden nur stark einsturzgefährdete Häuser oder Gebäudeteile abgerissen und Schadstoffe entsorgt. „Dies muss zuvor genauestens dokumentiert werden, um im Falle der Klage eines Eigentümers vor Gericht Bestand zu haben“, betont Jörg Pache, Abteilungsleiter der Bauaufsicht. Oftmals begeben sich dabei die Experten der Bauaufsicht oder Statiker selbst in Lebensgefahr.
Viele Bauschutthaufen
Wird eine marode Immobilie abgerissen, bleibt der Bauschutt selber aus Kostengründen liegen. Für dessen Entsorgung sei man zwar zuständig, überlasse die Entsorgungspflicht aber dem jeweiligen Eigentümer, sagt die Amtsleiterin und macht auf ein Problem aufmerksam: „Bauschutthaufen an Bauschutthaufen trage dann nicht zum attraktiven Wohnumfeld bei.“ Deshalb hofft sie, dass der Kreistag irgendwann mehr Geld zur Verfügung stellt, damit auch der Bauschutt durch den Landkreis entsorgt werden kann.
Das Geld für Abriss oder Sicherung werde dem Eigentümer zwar in Rechnung gestellt. Doch es fließt nur zum geringen Teil in den Kreishaushalt zurück. Dies seien etwa zehn Prozent der ausgegebenen Summe. Das hängt unter anderem damit zusammen, dass manche Schrottimmobilien keinen Eigentümer mehr haben, und andere, die ihre Schulden ratenweise monatlich abstottern, weil sie nicht auf einmal zahlen können. Zahlt der Eigentümer die Rechnung nicht, werde für das Grundstück eine Grundschuld eingetragen, um sich den Anspruch zu sichern. Oftmals seien aber solche Grundstücke schon mit anderen Grundschulden belastet, so dass der Anspruch des Landkreises oft an letzter Stelle steht.
Regelrechte Ahnenforschung
Zum anderen gestaltet sich die Suche nach den Eigentümern der meist leerstehenden Immobilien zunehmend kompliziert. Bis diese - oft auch in den USA, in Italien, der Ukraine, Spanien oder Großbritannien - gefunden sind, gehen meist Jahre ins Land.
„Manchmal müssen wir im Bauordnungsamt regelrecht Ahnenforschung betreiben und die Nachlassgerichte bis hin zum Auswärtigen Amt bemühen“, schildert die Amtsleiterin. Für den immensen Verwaltungsaufwand können übrigens maximal Gebühren zwischen 50 und 1.500 Euro in Rechnung gestellt werden.