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Hochwasserschutz an der Selke  Hochwasser Überschwemmung Flut

Von Petra Korn 04.03.2016, 18:22
Der Hochwasserschutz war am Donnerstag Thema im Dorfgemeinschaftshaus Reinstedt.
Der Hochwasserschutz war am Donnerstag Thema im Dorfgemeinschaftshaus Reinstedt. Korn

Reinstedt - „Wir möchten, dass in Magdeburg endlich Nägel mit Köpfen gemacht werden.“ Kurt Helmut Wiese, Sprecher der Falkensteiner Bürgerinitiative „Pro Hochwasserschutzdamm bei Meisdorf“, unterstrich, was Transparente seit Monaten in Orten der Stadt Falkenstein/Harz, im Seeland und am Donnerstagnachmittag auch am Dorfgemeinschaftshaus in Reinstedt fordern: „Hochwasserschutz jetzt - mit den Rückhaltebecken bei Straßberg und Meisdorf“.

Bürgerinitiativen sammelten fast 4.000 Unterschriften

Auf Einladung des Landtagsabgeordneten Detlef Gürth (CDU) war hier Sachsen-Anhalts Minister für Landwirtschaft und Umwelt, Hermann Onko Aeikens (CDU), zu Gast. Das Thema: der Hochwasserschutz an der Selke. 3.600 Unterschriften für den Bau des Rückhaltebeckens bei Meisdorf haben die Falkensteiner und die Gaterslebener Bürgerinitiative bereits im Jahr 2014 an den Minister übergeben, sagte Wiese.

Am Donnerstag kamen weitere aus Hoym hinzu, die Harald Albrecht, Stadtrat im Seeland und Mitglied im Hoymer Ortschaftsrat, dem Minister überreichte. „Auch in einer Demokratie muss es irgendwann mal jemanden geben, der entscheidet“, forderte Kurt Helmut Wiese.

Selke steht unter Naturschutz

„Ich kann voll und ganz verstehen, dass man ungeduldig wird“, sagte Hermann Onko Aeikens. Im Bereich der Selke befinde man sich in einem FFH-Gebiet, einem EU-rechtlich geschützten Gebiet. „Wir können als Landesregierung EU-Recht nicht aushebeln. Wir müssen vernünftig damit umgehen.“ Das, so der Minister, „ist uns an anderen Stellen gelungen, und das gelingt uns hier auch“.

Über die Rückhaltebecken im Selketal und die Frage, was die richtige Lösung für den Hochwasserschutz ist, gab und gibt es in der Region „immense Diskussionen“, so Aeikens. Forderungen, die Rückhaltebecken zu bauen, seien ebenso an ihn herangetragen worden wie deren Ablehnung.

Er sei sich mit den politischen Entscheidungsträgern vor Ort einig: „Die grünen Becken wollen wir, die grünen Becken brauchen wir. Deshalb müssen wir in den Planungen sehr sorgfältig vorgehen, um eventuellen Klägern keinen Spielraum zu geben, siegreich aus einer Klage hervorzugehen.

Das führt dazu, dass wir immens lange Planungsphasen haben können.“ Zugleich warb Aeikens auch für Unterstützung vor Ort: „Wo Sie Gegner sehen, versuchen Sie sie zu überzeugen, weil es für die Einwohner die beste Lösung ist und auch eine umweltverträgliche Lösung ist.“

Nach dem Selke-Hochwasser 1994 sind die Überschwemmungsgebiete neu ausgewiesen worden. In diesen dürfen Bauten nur errichtet oder erweitert werden, wenn dies den Wasserstand und den Abfluss bei Hochwasser nicht nachteilig verändert. In Reinstedt ist davon auch das Wohngebiet am Angelteich betroffen, obwohl dort 1994 kein Wasser war, schilderte ein Anwohner. „Wir haben mehrere Flächen im Stadtgebiet, die als Überschwemmungsgebiet gekennzeichnet wurden, aber von dem Hochwasser gar nicht betroffen waren“, sagte Falkensteins Bürgermeister Klaus Wycisk (CDU). „Ich kümmere mich darum“, sicherte Landwirtschafts- und Umweltminister Hermann Onko Aeikens zu.

Minister hofft auf Beschluss spätesten 2017

Wie Aeikens zum aktuellen Stand erklärte, läuft derzeit für das Rückhaltebecken Straßberg das Planfeststellungsverfahren. Er hoffe auf einen Planfeststellungsbeschluss im Jahr 2017, dass dann niemand klage, und wenn es doch Klagen gebe, diese nicht gewonnen würden. „Dann kann es losgehen.“ Bezüglich des Rückhaltebeckens im Meisdorf „starten wir durch, wenn wir mit dem Planfeststellungsverfahren für Straßberg durch sind“.

„Wir stellen den Naturschutz immer ganz oben an“, sagte Gaterslebens Ortsbürgermeister Mario Lange. Doch geboten sei auch der Menschenschutz, und hier stehe die Frage, wo dieser bleibe.

Lange machte ebenso deutlich, dass Gatersleben - wie auch die Falkensteiner Selke-Kommunen - in seiner Entwicklung „radikal zurückgeworfen“ werde. 95 Prozent des Ortes seien Überschwemmungsgebiet - „da kann man nicht mal mehr einen Carport bauen“, so Lange.

Rückhaltebecken nicht Allheilmittel

„Das ist ein temporärer Zustand“, sagte Aeikens: Wenn die Rückhaltebecken gebaut seien, würden die Karten zur Ausweisung der Überschwemmungsgebiete wieder überarbeitet. Der Falkensteiner Stadtrat und Ermslebener Ortschaftsrat Jürgen Recht mahnte, begleitende Maßnahmen in den Ortslagen nicht zu vernachlässigen. „Dieser Prozess geht kontinuierlich weiter“, so der Minister. So seien beispielsweise in Gatersleben eine Hochwasserschutzmauer und in Güntersberge Ufer- und Brückenbauwerke errichtet worden.

Die Falkensteiner Bürgerinitiative hält an ihrer Forderung „Baubeginn in Meisdorf“ im Jahr 2017 fest - „auch wenn diese unrealistisch ist“, sagte Kurt Helmut Wiese. „Dass wir mit dem ersten Becken im Jahr 2017 nach dem Planfeststellungsbeschluss anfangen, ist auch mein Ziel“, sagte der Minister. (mz)