Harz Harz: Stiefkind wird zum Aushängeschild
BAD SUDERODE/MZ. - Ruth Roloff ist mit 20 Jahren nach Bad Suderode gezogen, hat geheiratet und mit ihrem Mann 1955 ein Haus in der Gartenstraße gekauft. Immer hat die heute 82-Jährige gehofft, dass die sandgeschlämmte bucklige Straße vernünftig ausgebaut wird. Es sollte in den 70'er, 80'er und 90'er Jahren immer mal gebaut werden, berichtete sie. Doch bis auf ein Abfräsen der einen Teilstrecke und der Einbau von Betonplatten auf einem der schlimmsten Abschnitte vor 15 Jahren war nichts passiert. "Ich habe im Laufe der Jahre die Erfahrung gemacht, dass das nichts mehr wird, so lange ich lebe." Doch sie sollte sich irren.
Am Donnerstag freute sich Ruth Roloff mit vielen Bad Suderödern, dass der mehr als zwei Jahre währende Ausbau der längsten Straße des Heilbades abgeschlossen wurde. "Es ist sicher sehr teuer, aber freue mich für alle", sagte Frau Roloff, die die Bauarbeiter in höchsten Tönen lobte, während die Nachbarn Schmorwürsten verspeisten, Glühwein tranken und ein Schwätzchen hielten. Zuvor hatten Bürgermeister Gert Sauer (FDP), die amtierende Verwaltungsamtsleiterin Sibylle Zander und Beate Lierath, Technologin beim Zweckverband Ostharz, gemeinsam das symbolische Band durchschnitten.
"Wir haben als Gemeinde 1,5 Millionen Euro für den Straßenbau und Regenwasserkanal verbaut", berichtete Gert Sauer. Er bezog dabei nicht nur den 960 Meter langen Teil der Gartenstraße zwischen der Kreuzung Chausseestraße bis zur Nordhäuser Heerstraße ein, sondern auch den bereits vor zwei Jahren abgeschlossenen unteren Teil der Bahnhofsstraße, den Rosenweg sowie den noch nicht abgeschlossenen Bau des Verbindungsweges zwischen Garten- und Bahnhofstraße. Der Zweckverband Ostharz investierte außerdem in den Bau von 1 860 Metern Schmutzwasserkanal und die Hausanschlüsse in den genannte Straßen sowie in der Nordhäuser Straße und im hinteren Teil der Gartenstraße.
Gert Sauer zeigte sich dankbar, dass die Bauleute das Ziel, die Fertigstellung bis Ende Oktober, trotz witterungsbedingter Verzögerungen zumindest bis zur Verkehrsfreigabe erreicht haben. In den nächsten Wochen erfolgen noch Restarbeiten. Sauer lobte die Arbeit des Ingenieurbüros Böhnke aus Hasselfelde sowie Damer und Partner aus Wernigerode, die der Baufirmen, aber vor allem auch die Hauseigentümer, die nicht nur zur Finanzierung wesentlich beitrugen, sondern auch mit viel Geduld den Lärm und Dreck während der Bauphase hinnahmen.
Über das Ende des Drecks und der unmöglichen Straßenverhältnisse war auch Wolf-Dieter Sonnenberg froh, der vor sechs Jahren aus Berlin kam und als Kapitän der Seelandperle auf dem Concordia-See einen Job und in Bad Suderode eine neue Heimat fand. Nun, nach dem Verkauf seiner Seelandperle arbeitslos geworden, war er vor allem darüber glücklich, dass ihm die Straßenausbaubeiträge gestundet werden und er sein Grundstück nicht wieder verkaufen muss. "Die Hoffnung stirbt zuletzt."
Einen der größten Beiträge für den Straßenbau mussten Sabine und Peter Duggen leisten. Sie hatten 2004 den Gasthof Reißaus mit immerhin 10 000 Quadratmetern Grundstücksfläche gekauft. Nun hoffen sie, dass auf dem hinteren Teil ihres Grundstücks, auf dem noch eine Ferienlagerbaracke und ein Heizhaus stehen, bald Grundstücke für Einfamilienhäuser erschlossen können. Der Gemeinderat hatte zuletzt der Aufstellung eines Vorhaben- und Erschließungsplanes zugestimmt. Nur Helmut Uhmann hatte Sorge, dass die Straße nun zur Rennstrecke wird. Doch Gert Sauer versicherte ihm, dass es ein Tempo-30-Limit geben wird.