1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Quedlinburg
  6. >
  7. Harz: Harz: Ross und Reiter zeigen sich wetterfest

Harz Harz: Ross und Reiter zeigen sich wetterfest

Von ANDREAS BÜRKNER 14.11.2010, 15:07

MEISDORF/MZ. - Doch während üblicherweise die Teilnehmer der inzwischen 14. Spurensuche im Bereich Falkenstein eher traditionell auch am frühen Morgen schon einen Sherry bevorzugen, stand diesmal heißer Kaffee an oberster Stelle der Wunschliste. "Bei schönem Wetter kann jeder reiten", ließ der Reinstedter Gerhard Redöhl als Gastgeber allerdings keine Diskussion über eine Absage aufkommen, auch wenn sich die Blicke unter den Schirmen hervor gen Himmel als wenig ermutigend erwiesen. Schließlich wollten die Aktiven aus Brandenburg, Nordrhein-Westfalen, Niederachsen oder Sachsen-Anhalt nicht umsonst den teilweise weiten Weg bis in den Harz zum Treff am Fuße der Burg Falkenstein angetreten haben.

Spätestens als die Jagdhorngruppe "Pferdefreunde" aus Neuhof bei Bad Sachsa mit dem energischen Signal "Sammeln" zur Begrüßung rief, wurde auch dem letzten Reiter und den 21 aufgeregten Hunden, die von den Betreuern kaum zu bändigen waren, die Ernsthaftigkeit der an eine Fuchsjagd erinnernde Aktion klar. Sie wird seit Jahren vom Reitclub Reinstedt und dem Reit- und Fahrverein Einetal Westdorf / Aschersleben gemeinsam organisiert. Was dann Redöhl in wohlfeilen Worten ausdrückte, ergänzten die Bläser anschließend musikalisch: "Nach der Begrüßung des Feldes durch den Master" - so heißt das Signal wirklich - gingen sie schließlich über zum "Aufbruch".

Allerdings ist eine Jagd nach lebenden Tieren mit dem Pferd in Deutschland verboten, weshalb sich die Reiter mit einem kleinen Trick helfen. Die Hundemeute folgt keinem Hirsch oder Fuchs, sondern einer feinen Duftspur. Der Geruch von Anis wird mittels billigem und verdünntem Ouzo erzeugt, den Vorreiter über die Strecke verteilen. Befürchtungen aber, dass der Regen die Fährte verwaschen könnte, ließ der Besitzer der Brandenburger Brackenmeute nicht gelten.

"Im feuchten Gras ist die Spur sogar besser zu verfolgen als bei Trockenheit", setzte Hinrich Mönchmeyer aus Böhme bei Walsrode volles Vertrauen auf seine Kreuzungen aus englischen Beagle und französischen Rehhunden. "Dadurch haben sie längere Beine und sind wesentlich ausdauernder", beschrieb er die Vorzüge der deshalb nahezu idealen Jagdhunde. In sieben "Schleppen", wie die Etappen genannt werden und damit der Veranstaltung den Namen geben, wurden etwa 25 Kilometer auf dem Rücken der Rösser durch die Natur zurückgelegt, immer der Hundemeute folgend. Die auf den Bahnen aufgestellten, artgerechten Hindernisse verstärkten noch den Eindruck einer verwegenen Jagd durchs Gelände.

Das Tempo diktierten allerdings die wesentlich kleineren Vierbeiner, die ohne große Mühe dem markanten Duft folgen konnten. Nach kurzem Innehalten nach jeder Schleppe ging es weiter, bis das Ziel in der Nähe der Kreuzung zwischen Meisdorf und Wieserode zum Curée erreicht war. So wird nach einer Reiterjagd eigentlich das kunstgemäße Aufbrechen und Zerwirken des erlegten Wildes genannt, bei dem den Hunde üblicherweise das vorgeworfen wird, was nach der Parforcejagd vom erbeuteten Edelhirsch übrig bleibt. Als Ersatz gab es für die Brandenburger Bracken im Harz aber symbolisch einen Rinderpansen als Dank für ihren tollen Einsatz. Die Pferde konnten sich immerhin mit einer Möhre oder Hafer begnügen, während die Reiter auf den Gaumenschmaus zunächst ganz verzichten mussten. Sie bekamen dort lediglich den "Bruch", eine Anspielung auf die erlegte Beute - Eichenlaub mit Vogelbeeren.

Trotz umfangreichen Schutzes ziemlich durchnässt suchten die Reiter nach der Rückkehr zum Ausgangspunkt am ehemaligen Freibad von Meisdorf und der Weiterreise zum Hof des Reinstedter Reitclubs die wohlige Wärme und Trockenheit. Dort gab es auch das ersehnte Essen zum Halali der Jagd und natürlich manchen Sherry - schließlich müssen die wenigen Aufrechten trotz der schlechten Laune von Petrus ihre altehrwürdigen Traditionen hochhalten.