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Harz Harz: Kein Idyll an rauschender Bode

Von UWE KRAUS 13.06.2011, 16:41

THALE/MZ. - Auf dem Hof von Axel Schröder drängen sich die Gäste. Am Mühlentag lösen die Geräusche von Biergläsern und Kaffeetassen die des Mahlwerks ab. "Wenn wir hier Führungen machen, muss die Technik still stehen", erklärt der Enkel des Besitzers der Thalenser Getreidemühle, der ebenfalls Axel heißt. Inzwischen sorgt dessen Mutter Claudia Schröder als Inhaberin der Mühle dafür, dass die Besucher gut versorgt werden.

Sie kamen am Montag nicht nur aus Thale, sondern aus der weiteren Umgebung. Schließlich nimmt Schröders Getreidemühle zum 18. Male am Mühlentag teil und sponsert das 13. Jahr das Wettkrähen der Hähne.

Die 13 war dann doch kein gutes Omen für den blauen Wyandotten-Hahn von Gerhard Ziems aus Allrode. In der Kategorie Großhähne räumte er zum dritten Mal in Folge den Pokal ab. In der Wettkrähzeit von 30 Minuten ließ er 67 Mal seinen Ruf erschallen. Doch in einer Woche hat es sich für immer ausgekräht, der Nachwuchs drängt nach und das Siegertier landet im Topf.

Doch bei Axel Schröder auf dem Hof drängten sich Sieger und Wenig-Kräher ebenso eng aneinander wie die Besucher. Axel Schröder jun., der die Familientradition in fünfter Generation fortführt, lotst eine Gruppe nach der anderen über die vielen Etagen der Mühle über den Rohrboden bis hin zum Mahlstuhl und den Kleiesträngen. Schließlich studiert er in Braunschweig Mühlentechnik, wie sein Großvater stolz erzählt.

Fachkundig erläutert der Junior, wie das Mehl weiß wird und die Mehlsammelschnecke funktioniert. "Früher gab es nur Vollkornmehl, heute wollen viele nur weißes, 405er Mehl und laufen dann zur Apotheke, um allerlei Pillen für die Verdauung zu kaufen."

Die Mühlengeschichte lässt sich bis ins 16. Jahrhundert zurückverfolgen. 1893 erwarb Gustav Kleinau als erster aus der Schröder-Dynastie die Mühle. Die Brüder Albrecht und Otto Kleinau haben 1927 das Wasserrad stillgelegt und 1929 eine Turbine eingebaut. Bis 1992 nutzen Schröders die Wasserkraft nur, um die Mühle anzutreiben. Danach erzeugte sie damit eigene Elektroenergie. Axel Schröder hat selbst von 1962 bis 1965 zu Hause Müller gelernt und studierte dann.

"Die Geschichte vom Esel und den Säcken, die er zur Mühle trägt, das sind alte Vorstellungen. Auch klappert die Mühle nicht mehr idyllisch am rauschenden Bach. Ich muss 120 verschiedene Motoren in Betrieb setzen, um zu mahlen." Sein Enkel erklärt den interessierten Mühlenbesuchern: "40 Tonnen Getreide könnten bei voller Auslastung täglich durch die Mühlräder laufen". Über 18 Zerkleinerungsstufen wird daraus feinstes Mehl.

Zu DDR-Zeiten drehte sich die Mühle nur für das Bäckerhandwerk. "Wir hatten gut zu tun. Doch was ist von den 100 privaten und PGH-Bäckereien übrig geblieben? Das trifft natürlich eine Mühle wie unsere", so der erfahrene Ingenieur.

Um die Familienexistenz zu sichern, baut Axel Schröder auf Vielfalt: Mühle, Erlebnisgastronomie und das Reformhaus. "Wir kaufen das Getreide im Handel oder direkt von den Landwirten, um es dann für Handwerksbäckereien zu vermahlen. Dann beliefern wir Privatbäckereien im Landkreis Harz und rund um Sangerhausen mit unserem Mehl."

Auch Landwirte und Kleintierhalter zählen zur treuen Kundschaft von Axel Schröder. "Früher haben wir die Futtermittel für die VEAB produziert. Heute holen Pferde- und Kaninchenhalter ihren gequetschten Hafer. In der Mühle werden alle Getreidesorten verarbeitet. Gerstenschrot, gequetschter Weizen oder das ganze Korn, wir versorgen die Tierhalter mit genau dem Futter, die sie für ihre Tauben, Küken oder für ihre Reitpferde haben wollen." Und manchmal kauft auch ein Angler Mais, der nach einer halben Stunde im Schnellkochtopf als Köder ideal sein soll.