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Harz Harz: Fusion ist geglückt

Von Detlef Horenburg 06.07.2012, 17:39
Michael Ermrich (CDU), geboren 1953, ist seit 2007 Landrat des Landkreises Harz mit Sitz in Halberstadt. (ARCHIVFOTO: CHRIS WOHLFELD)
Michael Ermrich (CDU), geboren 1953, ist seit 2007 Landrat des Landkreises Harz mit Sitz in Halberstadt. (ARCHIVFOTO: CHRIS WOHLFELD) Chris Wohlfeld

Halberstadt/Quedlinburg/MZ. - Aus Drei mach' Eins. Nach diesem Motto wurde am 1. Juli 2007 aus den Altkreisen Halberstadt, Wernigerode und Quedlinburg der neue Landkreis Harz nach dem Willen der Magdeburger Landespolitiker aus dem Boden gestampft. Es war keine Liebesheirat, eher ein Zwangsbündnis. So wurde leidenschaftlich um den Kreissitz gestritten und um die Standorte von Behörden und Institutionen. Herrscht heute nach fünf Jahren Friede, Freude, Eierkuchen oder fliegen noch die Fetzen? Die MZ befragte Landrat Michael Ermrich (CDU).

Bilanz Nach den anfänglichen Problemen bei der Fusion der drei Altkreise sieht Ermrich den Landkreis Harz auf einem guten Weg. Erfreulich sei, dass der Zusammenschluss des Kreises nicht nur in der Verwaltung stattfand, sondern auch in den Vereinen, Organisationen und Institutionen. Ermrich ist sich sicher, dass der Landkreis Harz von den Menschen angenommen wird. In den meisten Bereichen überwiege der Wille, sich kennenzulernen und zusammenzuarbeiten. Auch im Kreistag sei es normal, dass die Abgeordneten sich für regionale Belange einsetzen, aber auch Kreisprobleme sehen.

Gelungenes Das Hauptaugenmerk der Kommunalreform lag auf der Fusion der drei Kreise und der Integration der Stadt Falkenstein / Harz. Diese sei in vielen Formen gelungen. Beispiele: die Rettungsleitstelle, der gemeinsam organisierte Öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV), die Bildung des Koba Jobcenters Harz, die Abstimmung bei der Berufsschulplanung und ganz aktuell die Fusion der beiden kommunalen Kliniken zum Harzklinikum. Auch die gute Vernetzung der Wirtschaft und die Fusion der Sparkassen könne man als Erfolg vorweisen. Dem Kreistag sei es trotz aller kontroversen Diskussionen immer gelungen, nach vorn zu schauen und mit seinen Entscheidungen die Entwicklung des Landkreises positiv voranzutreiben, meint der Landrat. Ein Beispiel dafür sind die Investitionen in die Schulen des Kreises, die mit der finanziellen Unterstützung durch das Konjunkturpaket II ermöglicht werden konnten. Mit den großen Umbauten im Bildungshaus "Carl Ritter" in Quedlinburg und der Kreismusikschule in Wernigerode ist es gelungen, diese Standorte nachhaltig zu stärken.

Haushalt Das Haushaltsdefizit von 34,3 Millionen Euro abzubauen, sei eine sehr schwierige Aufgabe. Besonders auch das neu im Entwurf vorliegende Finanzausgleichsgesetz des Landes lässt für die Landkreise nichts Gutes ahnen. Der Kreistag hat aktuell ein Haushaltskonsolidierungsprogramm verabschiedet, das den Haushaltsausgleich bis 2018 vorsieht. Wenn man allerdings den Haushalt genauer unter die Lupe nimmt, wird man sehr schnell feststellen, dass es sich überwiegend um Pflichtaufgaben handelt. Trotz allem sei es dem Kreistag aber bisher immer noch gelungen, nicht nur zu verwalten, sondern auch im Sinne der Menschen des Harzkreises zu gestalten.

Arbeitsmarkt Mit einer gut aufgestellten Wirtschaft, einer hervorragenden Infrastruktur und vielen weichen Standortfaktoren, wie reichhaltiger Natur und Kultur, besitzt der Landkreis Harz beste Voraussetzungen, um für junge Menschen attraktiv zu sein. Die Ausbildungssituation und Arbeitsplätze, Schulstrukturen, Kinderbetreuung und Krankenhäuser sowie Freizeit und Kulturangebote spielen dabei eine große Rolle. Ermrich: "Für mich zeichnet sich hier ein positives Bild, da wir uns auf allen Ebenen mit den Folgen der demografischen Entwicklung auseinandersetzen und nach Lösungen suchen." Mit der Harz AG, den Wirtschaftsnetzwerken, verschiedenen Arbeitskreisen, Agentur für Arbeit und der Koba Jobcenter Harz habe man gute Instrumente, um den Landkreis als Wirtschaftsstandort zu stärken. Das Gefälle bei der Arbeitslosenquote hat sich in den letzten beiden Jahren verringert. Aktuell liegt der Unterschied zwischen Wernigerode und Quedlinburg bei 4,9 Prozent, 2010 waren es noch 7,4.

Fachkräfte Nur durch die Zusammenarbeit vieler und unterschiedlichster Partner werde man dem Fachkräftemangel entgegensteuern können. Dazu zählen Schulen, Unternehmen und Verwaltung, die gemeinsam dafür Sorge tragen müssen, dass das Bildungspotenzial ausgeschöpft und die betriebliche Ausbildung gestärkt sowie Fachkräfte durch Weiterbildung entwickelt werden. Besondere Bedeutung kommt dabei Netzwerken, Industrieclubs und Arbeitskreisen zu. Die Unternehmen werden durch die Wirtschaftsförderung bei der Sicherung von Fachkräften vielfältig unterstützt.

Kreisgröße Zu große Landkreise mindern aus Ermrichs Sicht regionale Entwicklungsmöglichkeiten und kommunale Mitbestimmung. "Wo es nötig ist und angemessen erscheint, arbeiten wir eng mit unseren Nachbarkreisen zusammen." Die Landkreise seien nicht nur Verwaltungseinheiten. Ihre Aufgaben sind vielfältiger und sie gestalten auch die Wirtschaftsentwicklung vor Ort. "Ich bin gegen noch größere Regionalkreise", so Ermrich. Gebietsreform Ermrich: "Ich habe schon früher betont und vor übersteigerten Hoffnungen gewarnt: Die Gebietsreform wird entlasten, aber dadurch werden die Kommunalfinanzen nicht saniert." Die finanziellen Aspekte der Reform, also Einsparungen oder nicht, lassen sich schlecht messen und nachweisen.

Belastbare Zahlen gebe es dagegen beim Personal. Gegenüber dem Start 2007 wurden bis zum 30. Juni dieses Jahres insgesamt 257 Stellen und damit rund 20 Prozent Personal eingespart oder aus der Kernverwaltung ausgelagert. In den kommenden acht Jahren sollen weitere 434 Mitarbeiter aus der Kreisverwaltung altersbedingt ausscheiden. Dies führe zu Neueinstellungen und zu einer jüngeren Personalstruktur.

Ganz klar: Die mit der Kreisgebietsreform angekündigte Funktionalreform hätte nicht nur in Teilen umgesetzt werden müssen. "So haben wir das Ziel, mit der Kreisgebietsreform eine stärkere Aufgabenerledigung in den Kreisen zu konzentrieren, leider nicht erreicht. Im Gegensatz dazu wurden Landesbehörden abgezogen. Das hat vor allem die Kreisstadt Halberstadt getroffen und damit ihre Bedeutung als Verwaltungszentrum geschwächt." Natürlich sei man in einigen Fragen durchaus noch nicht mit dem Erreichten zufrieden, wie zum Beispiel bei der Zusammenführung oder Neuausrichtung von kulturellen Einrichtungen, wie dem Städtebundtheater oder der Feininger-Galerie.

Zukunft Unter Beachtung der ohnehin angespannten Finanzsituation stehen in den kommenden Jahren insbesondere Themen wie die Ausgestaltung der Kulturförderung, die Wirtschaftsentwicklung, Schulsanierung und -entwicklung, die Krankenhaus- und Verkehrsfusion sowie die weitere Umsetzung von Infrastrukturmaßnahmen in den Bereichen Verkehr und Tourismus im Fokus von Verwaltung und Politik.