Harz Harz: Frontalangriff grün gegen rot
QUEDLINBURG/MZ. - Mancher Quedlinburger reibt sich verwundert die Augen in diesen Tagen. Im Gebäude unmittelbar neben der Quedlinburger Touristinformation mit weißem i auf rotem Grund prangt seit kurzem noch ein i. Auch ein weißes - nur auf grünem Grund. "Quedlinburger Stadtinformation" steht an der Glastür des Hauses, das bis vor einigen Monaten noch ein griechisches Restaurant in seinen Mauern beherbergte. Nun also eine weitere Touristen-Information - die dritte mittlerweile auf engstem Raum. Denn neben der Quedlinburger Tourismus- und Marketing GmbH (QTM) mit dem gewohnten roten Schild kümmert sich auch Gabriela Gerig wenige Schritte in Richtung Breite Straße um den Fremdenverkehr in der Stadt. Nun also neue Konkurrenz?
So möchte es Hotelier Hartmut Heger, dessen Neffe das Haus erworben hat und der des öfteren höchstselbst hinter dem Tresen der neuen Einrichtung anzutreffen ist, nicht verstanden wissen. Und auch Michael Riegler, Geschäftsführer der Unternehmung, betont einen anderen Ansatz: Es gehe darum, die Region als Ganzes zu vermarkten, die Vielfalt der kulturellen, kulturhistorischen und landschaftlich reizvollen Angebote, die es im Harz gibt, darzustellen. Beide glauben nicht den jährlichen Verkündigungen wachsender Gästezahlen. Ihrer Meinung nach ist besonders der Tagestourismus merklich zurückgegangen. "Effektiv kann man das nicht zählen, aber ich sehe, dass die Busse weniger und leerer werden", so Heger im Brustton der Überzeugung. Ein weiterer Indikator seien für ihn die Aussagen der Gastronomen. Mehrere Besitzerwechsel in den vergangenen Jahren seien ein Zeichen, dass "die Luft relativ dünn" ist.
"Natürlich werben wir in erster Linie für die eigene Stadt, aber wenn die Leute zu uns kommen, verweisen wir bewusst auch auf unsere schöne Region", erklärt Riegler, der aus Hedersleben stammt und vor einigen Jahren dort einen Teil des Gutes seiner Großeltern zurückerworben habe. Er zeigt auf die Prospekte, die akkurat ausgerichtet an der Wand gegenüber ausliegen - Quedlinburger Flyer sind dabei, doch unter anderem werden auch Wernigerode, Halberstadt, Thale und Blankenburg beworben. Im Moment sei noch alles im Aufbau, die offizielle Eröffnung sei für den August geplant. Einen Kreis von zehn Stadtführern habe man schon, doch werde man die Termine der öffentlichen Stadtführungen mit dem Nachbarn abstimmen, meint Heger, der den großen Raum in der ersten Etage für ständige Ausstellungen nutzen und an Interessenten für kleinere Veranstaltungen vermieten möchte.
Und die Finanzierung? Heger glaubt, dass sich die Information aus sich selbst heraus trägt - über werbefinanzierte Internetseiten und über den Souvenirverkauf. "Falls es doch einmal zu einer Unterdeckung kommen sollte, dann wird die Kultur-Denkmal-Stiftung einspringen", so Heger. Heger ist Vorstandsmitglied dieser Stiftung, mit deren Hilfe der ehemalige Adelshof, der Fleischhof, in Quedlinburg ausgebaut wird.
Thomas Bracht, Geschäftsführer der QTM, traut dem neuen Konkurrenten ein qualifiziertes Tourismusmarketing nicht zu. "Das Ganze wird nur zur Verwirrung der Gäste führen, die Menschen werden sich schlecht beraten fühlen und sich beklagen, weil sie verärgert werden. Im Endeffekt ist das schlecht für das Image der Stadt und damit für den Tourismus", sagt er. Der neue Nachbar stelle sich die ganze Sache zu einfach vor, und um den Harz als Ganzes zu vermarkten, dafür gebe es den Harzer Tourismusverband. Was die Gästeführer betrifft, hält sich Bracht noch zurück. Es werde aber keinen Stadtführer geben, "der für ihn und für uns läuft", gibt er sich kämpferisch. Die Möglichkeit einer Zusammenarbeit sieht Bracht nicht, "denn das einzige Angebot seinerseits bestand darin, uns mehrheitlich zu übernehmen. Aber es kann nicht sein, dass ein einzelner Hotelier über den Tourismus einer Stadt bestimmt." Auch auf das Angebot, Michael Riegler bei der QTM zu beschäftigen, habe er natürlich ausgeschlagen. "Der Mann ist Historiker, kein Touristiker", so Bracht. Er habe jedenfalls erst einmal eine einstweilige Verfügung beim Landgericht beantragt - wegen der Namensgleichheit "Quedlinburger Stadtinformation".