Harz Harz: Die frühen Gangster rund um Quedlinburg
QUEDLINBURG/MZ. - Eine Quedlinburger Dirne gab den Tipp: Die Gartbrüder, herrenlose Landsknechte, überfielen dann 1559 die Bodemühle. Matz Nothart führte die Räuberbande an und verbreitete am Bodefluss mit seiner wilden Horde Angst und Schrecken. Als besonders brutal galt dabei das hünenhafte Jüngelchen Pausback aus Halberstadt. Nach dem Massaker in der Mühle blieben acht Tote zurück. Der Autor Bernd Stephan lässt in seinem neuen Buch "Geld oder Leben! Räuberbanden zwischen Harz, Oberlausitz und Erzgebirge" fast nichts aus, um Gewalt, Mord und Raub zu beschreiben, die einem wüsten Alptraum gleichen.
Er hat genau in mitteldeutschen Archiven recherchiert und ein opulent gestaltetes und sauber verarbeitetes Buch vorgelegt, das über die ersten Räuberbanden berichtet, die in Mitteldeutschland Angst und Schrecken verbreiteten. Da waren die Schandtaten von Anton Birnstiels Horde im Erzgebirge nur der Anfang einer grausamen Geschichte krimineller Gruppierungen, die in dieser Region ihr Unwesen trieben. Vor skrupellosen Überfällen, Einbrüchen und Brandstiftungen mussten sich die Menschen im mitteldeutschen Raum zwischen Harz, Oberlausitz und dem Erzgebirge noch lange fürchten.
Matz Nothart und seine Gesellen versetzten ab etwa 1550 die Harzer in Angst und Schrecken. Von einer Lösegelderpressung in Stecklenberg ist die Rede, von andauernden Pferdediebstählen und anderen Übeltaten. Nach dem Coup in der Bodemühle wirkten die Quedlinburger Ratsherren wie paralysiert. Wortreichen Ankündigungen, die Meuchelmörder aufzutreiben, folgten keine Taten. Gerade am Ramberg taten sich die Räuber der Nothart-Bande immer wieder gütlich.
Doch um Söldner zu werben, die die Räuber aufspüren, fehlte 1560 das Geld. So formulierten sich schließlich 600 Quedlinburger Wehrbürger und zogen in Richtung Appenrode, wo sich die Rotte verschanzt hatte. Der Anführer wurde gefasst, drei seiner Räuber flohen. Zwischen Thale und Blankenburg wurden sie schließlich gestellt und enthauptet. Nothart und seine Kumpane kamen später in Stolberg, nicht in Quedlinburg vor Gericht und landeten beim Scharfrichter.
Bernd Stephan spürt in seinem im Verlag Bussert & Stadler verlegten Buch auch den sozialen Wurzeln der Straftaten nach. Teils aus existentieller Not heraus, teils aus reiner Habgier und Mordlust begingen Räuberbanden lukrative, brutale und blutrünstige Verbrechen. Nicht selten gelang es den Banditen, Dieben und Mordbrennern, durch Gerissenheit und Glück ihren Häschern zu entkommen. Letzten Endes entging jedoch kaum ein Halunke seiner gerechten Strafe.
Sachkundig und detailreich beleuchtet das Buch ein eher selten bearbeitetes Kapitel mitteldeutscher Historie. Im Anhang werden den sieben ausführlichen Darstellungen noch kurze biografische Daten zu weiteren mitteldeutschen Schurken des 16. bis 19. Jahrhunderts angefügt.
Bernd Stephan: "Geld oder Leben! Räuberbanden zwischen Harz, Oberlausitz und Erzgebirge", 140 Seiten, Bussert & Stadeler, ISBN-13: 978-3942115063