Harz Harz: Baumwipfelpfad bringt Naturschützer in Wallung

Thale/dpa. - Spazieren zwischen Baumkronen in luftiger Höhekönnte bald auch im Harz möglich sein. Bei Thale soll einBaumwipfelpfad entstehen, der in der Nähe von Roßtrappe undHexentanzplatz einen einzigartigen Ausblick über das Bodetal bietensoll. Es wäre der erste in Sachsen-Anhalt. Wie Bürgermeister ThomasBalcerowski (CDU) sagt, wird der Stadtrat voraussichtlich im Februarüber das 1,5 Millionen Euro teure Projekt entscheiden.
Der Betreiber der Seilbahn Thale will es bauen. Doch noch müsseneinige bürokratische Hürden genommen werden. Denn die Pläne für denetwa 600 Meter langen und 20 Meter hoch gelegenen Pfad haben nichtnur Befürworter. Der Grund: Er soll durch ein Landschaftsschutzgebietführen.
«Der Baumwipfelpfad stößt bei Naturschützern auf Kritik, denn dieErrichtung ist im Herzstück des Landschaftsschutzgebietes geplant»,sagt die Geschäftsführerin des Naturschutzbundes Sachsen-Anhalt,Annette Leipelt. Gerade im Bereich Roßtrappe und Hexentanzplatz gebees jetzt schon mehr als genug touristische Attraktionen, die demGedanken an ein Landschaftsschutzgebiet zuwiderliefen. Die StadtThale vermarkte das Gebiet regelrecht. «Das wird dazu führen, dasseines Tages die Touristen fernbleiben, die die Schönheit undEinzigartigkeit des Bodetales einst schätzten», sagt Leipelt.Außerdem sieht sie die Gefahr, dass der im größeren Einzugbereich desPfades brütende Wanderfalke vergrämt wird.
Balcerowski sieht das ganz anders: «Der Baumwipfelpfad ist einBeitrag dazu, die Menschen zielgerichtet in die Natur zu führen, umsie dort mit ihr vertraut zu machen.» Er sei im Sinne desNaturschutzes, denn er helfe auch zu verhindern, dass Wandererunkontrolliert durch das Landschaftsschutzgebiet laufen.
Der Chef des Nationalparks Hainich in Thüringen, Manfred Großmann,gibt dem Bürgermeister Recht. «Mit unserem Baumkronenpfad, der 2005eröffnet und 2009 erweitert wurde, setzen wir vor allem aufUmweltbildung und Erholung», sagt er. Die Besucherzahlen bestätigtenden Erfolg des Konzepts. Im Durchschnitt kämen 200 000 Gäste proJahr, 2011 waren es sogar 250 000. «Zwei Drittel bis drei Viertelunserer Nationalparkbesucher locken wir mit unserem Baumkronenpfadan.» Konkurrenz zieht Großmann nicht, wenn in Thale gebaut werdensollte. «Im Gegenteil: Jeder der bislang sieben Pfade in Deutschlandhat seinen eigenen Reiz und ermuntert zum Besuch des anderen.»
Damit in Thale gebaut werden kann, muss das Projekt von derUnteren Naturschutzbehörde des Landkreises Halberstadt genehmigtwerden. «Wir haben unser Gutachten abgeschlossen, nun liegt die Sachebeim Landrat», sagt deren Chef, Egbert Günther. Wie seine Behördeentschieden hat, etwa ob das Terrain, wo der Pfad errichtet wird, ausdem Landschaftsschutzgebiet ausgegliedert wird, will er nichtverraten. Geheimnisvoll gibt sich auch die Pressestelle desLandkreises Harz. Dort ist lediglich zu erfahren, dass die «Prüfungdes Antrages innerhalb der Kreisverwaltung zur Erbauung einesBaumwipfelpfades im Bodetal derzeit noch nicht abgeschlossen ist.»