Harz Harz: «2012 will ich Gault-Millau-Punkte»
DERENBURG/MZ. - Schon bei der Begrüßung steht fest: Sven König, der neue Pächter der Schlossvilla Derenburg, kommt nicht von hier. So ganz stimmt das aber nicht mehr. Er stammt zwar aus dem schwäbischen Bad Herrenalb, doch hat er in den vergangenen Jahren in verschiedenen Ost-Küchen den Kochlöffel geschwungen. Im Quedlinburger Stadtschloss zuerst wirtschaftlich beratend, wie er erzählt, dann im nh-Hotel Dessau, um dann als Küchenchef ins "Stadtschloss" zurückzukehren.
Dort lernte er die in Quedlinburg geborene Silke Albrecht kennen, die für den Wellness-Bereich im Haus den Hut auf hatte. Zwischenzeitlich zählt zu der jungen Familie, die unterdessen aus Hoym auf das Villen-Gelände zog, auch die elfmonatige Emma-Sophie. "Nein, besser als hier in der Schlossvilla hätten wir es nicht treffen können", meint König. "Wir haben uns immer mal wieder im Internet umgeschaut, wo sich etwas bietet, um was Eigenes aufzubauen." Da kam ihnen entgegen, dass die Verpächterin der renommierten Schlossvilla Derenburg den bisherigen Vertrag nicht verlängerte.
Seit 1. Juli prägen neue Gesichter das Haus mit seinen 30 Betten, der Hochzeitssuite und dem 2005 mit Sauna, Whirlpool und Römischem Bad ausgestatteten Wellness-Bereich. Einen Koch und eine Bedienung übernahm König, mit Sylvia Steimecke gewann er eine Derenburgerin mit Erfahrungen in der Schweizer Gastronomie als Restaurantleiterin.
Der neue Pächter weiß, er profitiert vom tollen Ruf, den sich seine Vorgänger über elf Jahre erarbeitet haben. Roger Karth zählte mit seinen 13 Gault-Millau-Punkten über Jahre konstant zu den Spitzenköchen des auf diesem Gebiet aufstrebenden Bundeslandes. Dessen mediterran geprägte Ausrichtung will der 35-jährige Sven König fortführen. Die Mund-zu-Mund-Reklame habe gewirkt: "Viele Gäste kamen, um den Neuen mal zu testen. Mein Ziel ist internationale Küche mit regionalen Produkten." Dazu zählt der Ziegenkäse aus Westerhausen, den es warm an roter Zwiebelmarmelade gibt oder das Rindfleisch der Galloways vom Hof des benachbarten Derenburger Landwirts Klaus Münchhoff. "Hier habe ich die Chance, Produkte einzusetzen, die ich will. Mir sitzt kein Einkaufschef vor der Nase."
Manchmal werde jetzt sogar wegen seiner Herkunft die schwäbische Küche nachgefragt. Der Metzgerssohn Sven König sieht darin einen neuen Trend: "Die Kunden wollen gutbürgerliche Küche, aber mit hochwertigen Zutaten zubereitet." In den ersten Schlossvilla-Wochen, in denen die 32 Terrassen-Plätze oft voll besetzt waren, punktete der Koch besonders mit seiner weißen Tomatensuppe, aber er will keine Eintönigkeit. So wechselt die Karte alle paar Wochen. Vom Büfett bis zum Trüffel-Menü, Steinpilze, Hummer und Krebse kann er auf den Tisch bringen.
"Normalerweise bewegen wir uns im Preisniveau bei der Hauptspeise im Bereich unter 20 Euro. Also gutes Essen zu normalen Preisen", sagt König. "Mancher will auch bloß ein Zwischendurchhunger-Gericht. Wir können aber auch mal einen Rehbraten oder Lamm machen und am Tisch für die Gäste direkt aufschneiden. Mir schwebt ein Krebsessen mit hier gebackenem Brot vor."
Die 15 Jahre alte Küche sei gut, auch wenn der Koch von Induktionsherden träumt, die gegenüber Gas-Geräten deutliche Vorteile beim Zubereiten des Essens hätten, was der Gast auch geschmacklich spüre. Doch er müsse finanziell Prioritäten setzen, sagt König. Den großen Küchen-Grill nutzt er weit öfter als die frühere Küchenmannschaft. Für den warm geräucherten Lachs braucht er einen Räucherofen. Im kommenden Jahr soll eine offene Küche draußen im Schlossvilla-Garten stehen. Daneben kann der Gast am Forellenbecken dann erleben, wie frisch die Zutaten seien. Selbst ein Gewächshaus wird dann hinterm Haus errichtet werden.
So wie König seine Küchen-Visionen hat, will er mit der Hotel-Chefin Silke Albrecht daran arbeiten, dass zu den drei Sternen an der Villa-Tür noch ein Plus kommt und der Wellness-Bereich noch besser präsentiert wird. "2012 will ich Gault-Millau-Punkte", umreißt Sven König klar sein Ziel. "Ich muss kochen; nach Karte, das ist Kunst. Ich habe in bekannten Kantinen gearbeitet, das war Geld verdienen. Abends habe ich dann in befreundeten Restaurants wieder richtig gekocht."