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Große Resonanz auf Projekt

Von Stephan Neef 09.08.2005, 16:00

Thale/MZ. - Breite Zustimmung

"Thale zur Zeit des Nationalsozialismus 1933-1945" heißt die Broschüre, die Golla am 19. April 2005, dem 60. Jahrestag der Befreiung Thales durch US-amerikanische Truppen, vorstellte (die MZ berichtete). Zwei Jahre hatte der Geschichtslehrer des Weizsäcker-Gymnasiums mit Schülern in Archiven recherchiert, Zeitzeugen befragt, Dokumente gesammelt.

Das Ergebnis stieß auf breite Zustimmung. Und das mutige Büchlein, das Opfer und Täter gleichermaßen nennt, avancierte zum Geheimtipp. Sehr viele Leser hätten Form und Inhalt der Arbeit gewürdigt, ihm aber auch weitere Hinweise und Informationen gegeben, berichtete Golla der MZ. Besonders erfreulich: Das Schicksal von zwei jüdischen Bürgern, das nach Auskunft des Berliner Bundesarchivs "unbekannt" sei, konnte damit geklärt werden. Eine Thalenserin wies mit Familienchronik und Todesanzeige nach, dass die damals 80-jährige Marta Alsleben im April 1958 verstarb. Den 1925 geborenen Gaston Unger hat ein Zeitzeuge nach Kriegsende bei einer Veranstaltung im Forsthaus gesehen. "Diese beiden haben den Holocaust also überlebt", konstatiert Golla. Der Pädagoge könnte vielleicht auch bald das Schicksal einiger Kriegsgefangener und Zwangsarbeiter aufklären, die in Thale interniert waren.

Ein Holländer, dessen Vater zu den Betroffenen gehörte, will Unterlagen zusammentragen. Zusätzliche Akten seien auch im Stadtarchiv gefunden worden. Danach hätten noch im Juni 1945 über 600 Zwangsdeportierte aus 18 Ländern in Thale gelebt, im November noch 61. Mehr als zehn Jugoslawen, zwei Dänen und acht Staatenlose seien in Thale geblieben. Golla will nun "an deren Familien herankommen". Zu seinen neuen "Informanten" gehört auch ein Neffe des NS-kritischen Thalenser Pfarrers Brandt, der die noch lebende Tochter des Theologen befragen will.

Auch Thalenser ergänzten den Golla-Fundus: Ein Zeitzeuge lieferte Fotos von Appellen der Hitlerjugend (HJ) im Bereich des Herdbau-Areals, das neben dem Klubhaus einen weiteren HJ-Stamm beherbergte. Ein anderer Thalenser outete sich als Absolvent der HJ-Gebietsführerschule. Weitere Zeitzeugen berichteten über Quartiere der "Kinderland-Verschickung" auf Hexentanzplatz und Roßtrappe und über Thalenser HJ-Vertreter, die als Betreuer geschult wurden.

Zweite Auflage

Die neuen Erkenntnisse und Fotos werden in die zweite Auflage des Büchleins einfließen, kündigte Golla an. Danach wolle er mit Schülern die wechselvolle Stadtgeschichte zwischen 1945 und 1955 dokumentieren. Arbeitstitel: "Von der Zone zum Staat".

Wer noch Fotos oder Informationen zur Stadtgeschichte 1933 bis 1945 zur Verfügung stellen kann, wende sich an das Weizsäcker-Gymnasium, Erich-Weinert-Straße 34, 06502 Thale, Telefon 03947 / 5368.