Goldener Meisterbrief der Handwerkskammer Goldener Meisterbrief der Handwerkskammer: Ein Maler mit vielen Fähigkeiten

Quedlinburg - „Das habe ich mir nicht nur alles ausgedacht, sondern auch selbst gemacht“, erklärt Günter Stein den Besuchern stolz, wenn er sie durch sein genau vor 50 Jahren errichtetes, aber ständig erweitertes Haus führt. Der 77-jährige Malermeister scheint auch fast alles zu beherrschen, ob nun Holzarbeiten, Fliesenlegen oder Heizungs- und Wintergartenbau. „Meine Frau meint schon, wenn ich nichts zu werkeln habe, geht es mir schlecht.“
Zur Perfektion neigend
Sollte es gerade mal nichts am Haus zu verändern geben, zieht sich der Quedlinburger in den Keller zurück, wo seine Staffelei steht. Ausschließlich mit Ölfarbe entstehen vorwiegend Bilder mit Landschaftsmotiven und Stadtansichten verschiedener Größe - immer im selben Ablauf: „Leinwand auf den Rahmen aufziehen, Untergrund schaffen und darauf das Motiv.“ Ist der zum Perfektionismus neigende Mann nicht zufrieden, wird einfach alles übermalt.
Eine ganze Menge dieser Freizeitbeschäftigung schmücken die Wände seines Hauses. Zweimal hat er seine Gemälde sogar schon öffentlich ausgestellt.
„Wie viele Bilder ich in meinem Leben schon gemalt habe, weiß ich gar nicht mehr“, erzählt Stein, um gleich nachzuschieben: „Bis auf eine einzige Ausnahme habe ich noch keines davon verkauft, dafür aber sehr viele verschenkt.“
Der Traum, wegen seines bereits in Kindertagen erkannten Maltalents an einer Kunstgewerbeschule zu lernen, zerschlug sich schnell. „Anfang der 1950er Jahre wurde mein Vater im Arbeiter- und Bauernstaat als Ausbeuter eingestuft“, erzählt er. „Da durfte ich als Kind nicht noch eine solche Ausbildung bekommen.“ Also lernte er drei Jahre lang im Malerbetrieb seines Vaters Wilhelm Stein. Im Sommer 1954 bestand Günter erfolgreich die Gesellenprüfung, „als einer der Besten“, wie er betont.
Das Hobby ließ ihn dennoch nicht los. Seine Eltern, die aus Siebenbürgen in den Harz gezogen waren, bezahlten ihm zwei Jahre lang privaten Malunterricht. Einer seiner Förderer war Johannes Spitzmann, ein fleißiger Maler vieler Quedlinburg-Motive, der sich seine Brötchen auch als Zeichenlehrer verdiente.
Druck des Staates
Diese verdiente sich der junge Stein zunächst als Geselle beim Vater, bevor dieser wie die meisten privaten Malerfirmen der Stadt dem Druck des Staates nachgeben und 1958 in die ein Jahr zuvor gegründete Produktionsgenossenschaft des Malerhandwerks (PGH) Quedlinburg eintreten musste. Meist waren es Spezialaufträge, wie Brückengeländer oder Masten, die Günter ausführte.
„Nebenbei interessierte ich mich auch für Fahrzeuge und bin Motocross gefahren“, blickt Günter Stein zurück. Das habe ihm 1961 sogar einen zweiten Gesellenbrief fürs Kfz-Gewerbe eingebracht. „Zur Prüfung mussten wir einen alten PKW vom Typ „IFA F8“ auseinandernehmen und wieder zusammenbauen“, erzählt der rüstige Senior. Als Maler schloss er vor gut 50 Jahren erfolgreich die Meisterausbildung ab. Zum Jubiläum wurde er kürzlich von der Handwerkskammer Magdeburg mit dem goldenen Meisterbrief ausgezeichnet.
Nach einer Zeit als Bereichsleiter wurde Günter Stein 1969 von den Mitgliedern schließlich zum PGH-Vorsitzenden gewählt und blieb es bis zur Betriebsauflösung 1990. „Und das, obwohl jedes Jahr neu entschieden werden musste“, betont er. Nach der Privatisierung führte er die Malerhandwerk Quedlinburg GmbH & Co KG bis zum Ruhestand 2001 als Geschäftsführer weiter.
Der „Ruhelose“, wie er sich selbst beschreiben würde, gehörte noch bis ins Rentenalter hinein zehn Jahre lang zur Gesellenprüfungs-Kommission fürs Malerhandwerk. „Sie besteht jeweils aus einem Lehrer, einem Gesellen und einem Meister.“
„Dass mein Nachfolger die Firma in den Sand gesetzt hat, zählt zu den großen Enttäuschungen meines Lebens“, ärgert sich Stein, der vier Kinder aus erster Ehe hat. „Das Zwillingsmädchen bekam sogar selbst wieder Zwillinge“, verrät er eine Besonderheit. Inzwischen summieren sich die Nachkommen auf acht Enkel und fünf Urenkel.
Als ob Stein mit vielen Hobbys und Aufgaben nicht ausgelastet wäre, hat Stein mit seiner zweiten Frau etwas Neues gefunden. Stolz erzählt er: „Einmal pro Woche fahren wir nach Rieder zum Tanzen.“ (mz)